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422 Psychische Studien. XXVI. Jahrg. 7. Heft (Juli 1899.)
gemacht, die psycho - physischen Vorgänge zusammenzustellen, die bei
mediumistischen Phänomenen mitwirken und die zur Erklärung herangezogen
werden müssen, bevor wir zur Annahme neuer Kräfte schreiten.
In dieser positiven Arbeit, nicht in der Kritik, liegt die hohe Bedeutung
von Z,.'s Arbeit. "Wer künftig diesbez. Versuche anstellt, kann nur gebort
werden, wenn er die Ergebnisse Z.'s sorgfältig beachtet
Der Abschaitt über das Beobachtungsvermogen ist das Beste des
ganzen Werkes. Für die meisten spiritistischen Berichte bedeutet er freilich
eine vernichtende Kritik. Ich habe vot Kuiz,em in Sitzungen mit einem
der bekanntesten physikalischen Medien Gelegenheit gehabt, JL's Ergebnisse
nachzuprüfen und kann L 's Ausführungen über Beobacbtungsfehler vollständig
bestätigen. Berichte über jenes Medium, die ganz unglaubliche
Dinge berichten, scheinen mir nach meinen Erfahrungei lediglich auf
schlechter Beobachtung zu beruhen. An anderer Stelle (Psych. Stud. 1899,
Mai-IIeft) habe ich an einem Beispiel die //.'sehen Ergebnisse durchgeführt.
Die folgenden Abschnitte über unwillkürliche Zitterbewegungen,
psychischen Automatismus, unwillkürliches Flüstern u. s. w. bieten zum
grossen Theil .schon Bekanntes. Die alte Hypothese CarpenterS wird
noch jetzt von L. zur Erklärung der Bewegungsphänomene gebraucht, —
obgleich ihre Unzulänglichkeit in Theorie und Praxis längst erwiesen ist.
Sie mag ja in q7'0<> richtig sein, aber in 1 J00 bleibt sie unzureichend. Es
ist bedauernswerth, dass L Rochus1 „L'exteriorisation de la motricite"
und die englische und franzosische Litteratur der letzten sechs Jahre über
Eusapia Paladino fast unbekannt sind. Als einen MissgrifF wird man es
auch betrachten müssen, die P?'ey er1 sehen Versuche über Gedankenlesen
als klassisch hinzustellen Um aus den Schmierereien auf Seite 372 eine
Aehnlichkeit herauszufinden, muss man wohl „befangen4' sein. — Aus den
folgenden Kapiteln mochte ich als hervorragend „das Eingreifen des Un-
bewussten in das Bewusstsein" hervorheben. Hier findet man endlich
einmal eine knappe Uebersicht über dieses wichtigste Problem des gesammten
Mediumismus. Sein Studium wird jedem Erforscher des Mediumismus die
grossten Dienste leisten. Es ist räthselhaft, wie nach diesen trefflichen
Arbeiten L. in seinem Kapitel über „Automatische Bewegungen" sich
plötzlich zu Behauptungen versteigen kann, die man nur schmerzlich bedauern
kann. Mit einem Schlage scheint ihn alle Vorsicht verlassen zu
haben, er verfällt in Schimpfereien und Verdächtigungen, die wohl allenfalls
in ein Winkelblättchen. aber nicht in ein Werk wie das vorliegende
gehören. So behauptet L. Alle physikalischen Leistungen der Medien
sind ursprünglich bewusster Betrug; alle Medien sind Taschenspieler
und beginnen ihre Thätigkeit als Taschenspieler. — Wie will L. diese
horrende Behauptung beweisen- Ich habe mit zahlreichen und hervorragenden
Medien experimentirt, es befanden sich darunter Männer von
glänzender Stellung und tadellosem Rufe, die nie mit Taschenspielerei zu
thun hatten Wie kann L es wagen, alle zu bewussteix Betrügern zu
stempeln5 Weiter: „Trance-Zustände sclieinen nur ausnahmsweise bei
physikalischen Medien vorzukommen.'4 Wer sich je eingehender mit diesem
Thema beschäftigt hat, weiss, dass gerade das Gegentheil der Fall ist. —
Schliesslich versteigt sich L zu der Behauptung, das* die physikalischen
Leistungen jegliches Interesse verloren haben und der Spiritismus aufgehört
hat, als wissenschaftliches Problem zu existiren seitdem Paladino in
Cambridge entlarvt worden sei' Damit werden Lodf/e, Sidcpvick, Myers,
Riebet, Dariex zu Dummköpfen oder Betrügern gestempelt. L. scheut sich
also nicht, zu der hässhchen Waffe des Vorwurfs von Ignoranz und dei
Verdächtigung zu greifen.
Glücklicherweise sind die folgenden Kapitel wieaer so glänzend behandelt
, dass man mit Freude dem Verfasser weiter folgen kann. Insbesondere
verdienen die Abschnitte über Hypnose, Hystero-Hypnose und
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