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450 Psychische Studien. XXVI. Jahrg. 8. Heft (August 1899.)
das Hirn, vielleicht aucli etwas über den Organismus hinaus
Verbreitetes, mithin ein Ausgedehntes ist; hingegen, wenn
jene Kräfte sich gegenseitig durchdringen und sich im
I>ewusstsein vereinigen, so erscheinen sie als unausgedehnte
Koexistenz, d. h. die Einheit der Seele wird in jedem
raumlichen Theilchen der Substanz voibanden sein, wie der
Akkord, als einheitliches Ganzes, an jedem beliebigen Orte
des von ihm erklingenden Luftgebietes zu hören ist. Steht
es so, so ist auch natürlich, dass die räumliche Grösse eines
Hirns von weniger Bedeutung ist, als dessen Qualität und
die Intensität der in ihm herumarbeitenden Kräfte. Ein
Ameisen- und ein Nilpferdhirn können als Beispiel dienen.*)
(Fortsetzung folgt.)
Curiosa aus der Teufels-Periode des Mittelalters.
Klärungsversuche von Altem und Neuem.
Von G Ij. Hau k mar.
(Fortsetzung von Seite 399.)
Im 2. Bande von A/csakow's Hauptwerk „Animismus
und Spiritismus" (S. 351 ff), finden wir schon einen Fall
von direkter Entzweiung der beiden Wesenshälften des
Mediums, welches zu seiner eigenen Qual Dinge offenbart,
und du Prel geht so weit, für gewisse Fälle automatischen
Schreibens anzunehmen, dass ein entleibter Inspirator —
„die willenlose Hand des Mediums in Besitz nehme und
zum Schreiben veranlassen könnte, was als ganz eigentliche,
auf Arm und Hand beschränkte Besessenheit4 zu bezeichnen
wäre **)" Freilich zählen diese Fälle zu den seltenen, und
meist wird man beim automatischen Schreiben (ebenso wie
bei Fern gesiebten) mit den transscendentalen Fähigkeiten
unserer individuellen Seele auskommen. Meist, — aber
*) Obige Betrachtungen erinnern uns wieder einmal daran, dass
uns die unräumliehen Wahrnehmungen kein vollständiges Bild des Alls
zu liefern im Stande sind, daher denu z. ß ein blos auf innerer Selbstbeobachtung
fussendes Studium der Psyche duich objektive Erfahrungen
und Betrachtungen vervollständigt werden muss. Und am meisten bedürfen
wir solcher Erfahrungen, wenn sich dem Ich zwar sehr fühlbare,
aber ihrer Natur und Entstehungsart nach ganz dunkle und unbekannte
Empfindungen offenbaren. Das Ich kann z. B. eine durch Blutstauung
des Gehirn» bedingte Verstimmung fühlen und darunter leiden, ohne
doch die leiseste Ahnung von deren Natur und Ort zu haben, weshalb
denn solcher Art unräutoliebe Wahrnehmungen in der Regel dem Nicht-
Ich in die Schuhe geschoben werden: die meisten Schwermüthigen halten
nicht sich selbst, sondern das Uebel der äusseren Welt für den Sita
der sie quälenden unangenehmen Gefühle.
**) du Prel: — „Entdeckung der Seele". I, 220.
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