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468 Psychische Studien. XXVI. Jahrg. 8. Heft. (Auguat 1899.)
und mit einer anderen nach Amerika gegangen war, dort-
selbst seine Geliebte und dann sich erschossen habe. Sofort
stand es bei ihr fest, das Geräusch kommt von diesem
Mann. Bald danach änderten sich die Phänomene. Es begann
zu poltern, zu klopfen, zu rauschen etc. Dadurch
geängstigt, zog das Weib aus. In ihrer neuen Wohnung blieb
sie einige Wochen unbehelligt : „Er fand mich nicht gleich,"
meinte sie. Nach etwa drei Wochen sagte eine Zimmernachbarin
zu ihr: „Aber höretse, mer merkt ebe doch,
dass's em Uhristtag zugoht, d* Geister thon ganz grausig
an meiner StuV bei dar Nacht." Die so Angeredete dachte
natürlich sofort an ihren „Alten", Hess sich aber nichts
merken. Wenige Tage darnach habe es dann aber bei ihr
selber wieder zu rumoren begonnen. Es war, wie wenn
fortwährend Sand, Erbsen oder dergl. geworfen würden,
doch habe sie nichts gesehen. Auch an ihre Bettlade
wurde wiederholt geklopft. Einmai habe sie es kalt angeblasen
, dass ihr die Zähne klapperten. Von da ab habe
sie zu verschiedenen Malen auch eine Stimme gehört, in der
sie die ihres Mannes deutlich erkannt habe. Er habe u. A.
klagend gesagt: „Wache doch mit mir, ich habe so Angst".
Ein andermal sei ein weiterer Geist bei ihm gewesen, der
sich seither nun regelmässig einstelle. Der habe zu ihm
gesagt: „Wir machen sie hin, dann kommt sie zu uns."
Drauf habe ihr Mann erwidert: „Nein, nicht zu uns, sie
kommt in den Aeusseren." Was damit gesagt werden
sollte, weiss sie nicht, auch hat sie aus Angst nie etwas
auf die von ihr gehörten Reden geantwortet. Gesehen hat
sie noch nichts, ausser ein einziges Mal, Da sei „Er" nicht
grösser wie eine Wespe in einer Art Schaukel gesessen,
und habe um ihr Licht herumgetanzt, wie wenn er es auslöschen
wollte. Sein Gesicht, das sie genau erkannt habe,
sei ziemlich rot gewesen. Seit vier Wochen komme er zu
ihr an's Bett, aber nicht sichtbar; doch bemerkte sie, dass
etwas da sei. Er stosse sie, dass es schmerze, er brenne
und steche sie, dass es fast nicht auszuhalten sei, er zause
sie an den Haaren u. s. w. Einmal habe sie ein 14 Tage
lang sichtbares Brandmal gehabt; sonst sehe man meist
keine Spuren. Das Weib brennt nun aus Angst die ganze
Nacht ein Licht, weil sie gehört hat, dass das die Geister
nicht leiden können.
Das Weib möchte nun, dass ihr geholfen werde.
Zweifellos liegt nach Allem, was sie mir ausführlich berichtete
, nicht bloss Einbildung oder gar Schwindel vor,
sondern ein objektiver Vorgang von okkultem Charakter,
der allerdings auch das Vorstellungsleben der Frau wesent-
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