Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
26. Jahrgang.1899
Seite: 493
(PDF, 195 MB)
Bibliographische Information
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Gutfeldt: Ein Traum

493

Cröpe gehüllt, der Zar selbst im schwarzen Oivilanzuge,
Cravatte und Handschuhe weiss, wie man Leichen zu kleiden
pflegt. — Lange stand ich so unbeachtet, da sah ich, wie
des Kaisers Auge über den Hofstaat hinglitt, als suche er
Jemand, und dann auf mir haften blieb. Ich erschrak
heftig; denn erst in dem Moment wurde ich mir bewusst,
dass mein unberufenes Eindringen straffällig werden konnte,
und als der Herrscher mich gar mit gebieterischer Handbewegung
zu sich heranwinkte, da wankte ich mit zitternden
Knieen bis an den Thron und sank, wie vernichtet, an
den Stufen desselben nieder. Allein Zar Alexander zog
mich huldvoll an seiner Rechten empor, legte mir den Zeige-
und den Mittelfinger seiner Linken an die Stirn und sah
mir lange bedeutungsvoll in die Augen, als wollte er mir
einen Auftrag geben.

Als ich erwachte, sagte ich ahnungsvoll zu meinen
Hausgenossen: „Heute wird der Kaiser sterben und ich
muss eine Elegie auf seinen Tod dichten!"

Dann setzte ich mich nieder und schrieb ohne Unterbrechung
folgendes Gedicht:

Elegie auf den Tod Kaiser Aleocander III* von Bussland.

Um Tauriens Himmel rings dunkelt die Nacht,
Fern dämmern die Berge, kein Stern heut' erwacht.

Des Tschadyrdagh's Gipfel umzuckte ein Strahl —
Der Engel des Todes schwebt leise zu Thal:

Sonst Stille. Es schlummert die nächtliche Welt,
Livadiens Fenster allein sind erhellt.

Auf fürstlichem Lager, das Antlitz erblasst,
Die Augen geschlossen zur ewigen Rast,

Liegt Russlands Kaiser; die Lippen so bleich,

Sie flüstern: „Gott segne mein Volk und mein Reich!"

Ja, Gott hat's gesegnet, grossmächtiger Zar,
So lang du es lenktest, hochstrebender Aar!

Dein Flug ging zur Sonne, zum Urquell des Lichts
Hobst du auch die Völker aus Dunkel und Nichts.

Dein Streben war Frieden, des Reiches Gewinn,
Das Wohl deines Volkes zu fördern dein Sinn.

Nun ruhst du, von Schauern des Todes durchbebt,
Gebrochen die Schwingen, die machtvoll geschwebt j

Gebrochen das Herz, das so liebebewusst

Für Gattin und Kind dir geglüht in der Brust.

Rings stehen die Deinen und blicken dich an —
Ist niemand, der retten, der helfen ihm kann?

Vergebens die Tbränen, vergebens gebeugt

Knien betend die Völker, — der Himmel, er schweigt!


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