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Maier: Camille Flammarion als Vertheidiger des Animismus. 519
nothwendig voraussetzt? Denn darüber kann doch kein
Zweifel sein, dass wenn ein Crookes, ein Richet, ein Jblammarion,
welche Zeugen so vieler hochinteressanter mediumistischer
Phänomene waren und die Wahiheit mit aufrichtiger Seele
zu erforschen suchten, je auch nur einen einzigen Beweis
von der Identität eines der Ihrigen erhalten hätten, sie sich
beeilen würden, sich zum modernen Spiritismus „sans phrase"
zu bekennen. Aber nichts von dem, niemals etwas, trotz
aller Versuche und Aufrufe!
Sollen wir nun aber deshalb die Flinte ins Korn werfen
und zu einem falsch verstandenen Agnosticismus zurückkehren
? Das wäre ein von momentaner Verlegenheit oder
gar Verzweiflung an der Erkenntnis» der Wahrheit eingegebener
Entschluss, der die verhängnissvollsten Folgen
für jeden Einzelnen, wie für die Lösung der sozialen Probleme
im Völkerleben der Gegenwart haben müsste. Unterziehen
wir vielmehr mit der nöthigen Einsicht, Umsicht und
Vorsicht das bis jetzt gesammelte Thatsachenmaterial einer
neuen und schärferen Prüfung und suchen wir vor Allem
(wie dies neuestens der zu Gunsten des Spiritismus „bekehrte4
* Dr. Hodgson für die S. F. P. R. mit so viel Gründlichkeit
versucht hat)*) vor allem unanfechtbare Identitätsbeweise
mit Vermeidung alier (neuestens von
Lehmann aufgedeckten) Fehlerquellen zu erhalten, oder
wenigstens die Bedingungen festzustellen, unter welchen
ein solcher Beweis zu erlangen wäre, wobei die Aeusse-
rungen der psychischen Kraft unter der Form der Suggestion
, der Autosuggestion, der Spaltung des Bewusst-
seins, der Exteriorisation keineswegs für die Erklärung aus-
zuschliessen wären, da ja möglicherweise diese verschiedenen
Phänomene von dem Geiste selbst angewendet werden
können, um seine Identität zu beweisen.
Der Lösung dieses eminent wichtigen Problems müssen
sich in erster Linie alle unsere Anstrengungen für den Internationalen
Spiritualisten-Kongress von 1900 zuwenden. Der
Kommission zur Vorbereitung dieses Kongresses fällt schon
jetzt diese grossartige Aufgabe zu. Gelingt es ihr, die
wissenschaftliche Lösung dieser einzigen Frage vorzubereiten,
*) Vergl, hierzu die treffliche Kritik von Dr. Richard Wedel in
seiner Besprechung der „Untersuchungen ausländischer Gelehrter über
gewisse Traumphänomene'*, erschienen in dem von der „Gesellschaft
für wissenschaftliche Psychologie" in München als nachträgliche Gabe
zum bO. Geburtstage ihres Ehrenpräsidenten Freiherrn Dr. Carl du Prel
herausgegebenen, mit dem schönen Bildniss des nunmehr Verewigten
geschmückten Buche: „Beiträge zur Grenzwissenschaft" (Jena, Coste-
noble, 1899), S. 24—77, worüber wir uns eingehendere Besprechung
vorbehalten.
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