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Die supernormale Fähigkeit der Spiachenbildung. 555
Kintch; Metich Beauvert, Charles, Mödache Beauvert, Meta-
ganich Martin. Wir haben also vier Worte einer, auf diesem
Planeten nicht existirenden Sprache übersetzt erhalten,
nämlich Metich, welches Herr und auch Herren, Medache,
welches Frau, Metaganich, welches Fräulein und Kintch,
welches vier bedeutet.
Streng genommen könnte man diese aussergewöhnliche
Sprache durch die Annahme erklären, dass sie von dem
Doppelgänger, oder wissenschaftlich ausgedrückt, von dem
unterschwelligen Bewusstsein des Mediums herrühre. Die
Kinder fabriziren sich manchmal zum Spasse eine vollständige
Sprache. Warum sollte dies unser Medium nicht früher
auch einmal gethan haben, indem es so, ohne es zu wissen,
eine Menge von Erinnerungen aufspeicherte, die ihm nun im
somnambulen oder Zwischenzustand wieder einfielen. Nur
könnte man gegen diese Auslegung die grosse Zungenfertigkeit
und Geläufigkeit, mit welcher das Medium sprach, sowie
die grosse Genauigkeit im Ausdruck anführen, so dass, wenn
es einen Doppelgänger giebt, derselbe, meiner Meinung nach,
nicht nur supranormal, sondern direkt übermenschlich sein
müsste. Die Sprache des Mediums wäre aber nicht durch
eine blosse Wiedergabe von, in früher Jugend erhaltenen,
Eindrücken zu erklären, sondern würde eine Entwicklung
und Ausbildung dieser Eindrücke voraussetzen, was wiederum
eine lange, latente, der normalen Person vollkommen un-
bewusste Arbeit jenes Doppelgängers erforderte., Man hat
Mühe, sich diese zwei, in paralleler Entwickelung begriffenen,
lebenden Personen vorzustellen, die, ohne einander zu kennen,
in einem Körper wohnen.
Streng genommen, — aber das wäre wohl zu kühn, —
könnte man dieser zweiten Persönlichkeit auch das Sanskrit,
oder vielmehr den, den Orientalisten wenig bekannten,
indischen Dialekt, welchen wir in mehreren unserer Sitzungen
gehört haben, zuschreiben; man wäre allerdings dann
mindestens gezwungen, an eine Präexistenz des Mediums zu
glauben, in welcher es Indisch gesprochen habe. Denn ich
kann mir nicht denken, dass das Medium jemals in seinem
Leben jene Sprache gehört hat. Hätte das Medium selbst
tausend Sanskritworte gelernt, so würde es, wie ich bereits
erwähnt habe, dennoch nicht im Stande sein, sich in dieser
Sprache auszudrücken. Man lerne einmal tausend spanische
oder chinesische Vokabeln und versuche dann, sich mit einem
Spanier oder Chinesen zu unterhalten. Dass dies unmöglich
ist, liegt klar auf der Hand, und wäre es müssig, hierüber
noch Worte zu verlieren.
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