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v. Watraszewski: lieber die Sitzungen mit Mrs. Corner etc. 607
alle spiritistischen Cirkel, sondern alle gesellschaftlich höher
gebildeten Kreise in Staunen und Verwunderung versetzt
hatten. Und nun ergaben die in einem gänzlich vorurteilsfreien
, bestgestimmten Gesellschaftscirkel, unter erfahrener
Leitung, mit derselben Mrs. Corner abgehaltenen Seancen
das oben angegebene jämmerliche Resultat
Sollte nun aus demselben der Rückschluss gezogen
werden, dass der hochangesehene englische Gelehrte von
der Dame, die damals als junges Mädchen in seinem Hause
Monate lang verblieb, sich hinters Licht führen Hess, und
dass die damalige, vielbewunderte KaUe King, von Florence
Cook, nicht anders als die jetzige „Mary" der nun überreifen
Mrs. Corner, auf die gleiche, am betreffenden Orte beschriebene
Weise dargestellt worden war?
Nein, es braucht das jetzige Resultat mit dem
seiner Zeit von Mr. W. Grookes geschilderten in keinem
Konnex zu stehen. Die Beobachtungen von W, Crookes
sind so gewissenhaft, so peinlich aufmerksam in jeder ße- ^
ziehung ausgeführt worden, dass dieselben bei einem jeden
vorurteilsfreien, wissenschaftlich gebildeten Forscher k inen
Zweifel darüber zulassen können, dass es sich dazumal
um wahre Materialisationsvorgänge handelte. Aber Mr.
Crookes erzählt ausdrücklich, dass zu einer bestimmten Zeit,
d. h. mit dem Scheiden von Katie King, es mit dem
Materialisationsvermögen von Florence Cook ein Ende nahm,
und im Laufe voa ca. zwanzig Jabren hörte man auch
fast nichts mehr von dem seiner Zeit berühmt gewordenen
Medium. Nun heisst es auf einmal wieder, florence Cook,
jetzt Mrs. Corner, habe ihre vor Zeiten verlorene Materialisationseigenschaften
wieder erlangt, und es darf kein Wunder
nehmen, dass unter diesen Umständen ein Jeder, der sich
für Mediumismus und, was damit zusammenhängt, interessirt,
wenn ihm dazu die erforderlichen Mittel zu Gebote stehen,
die Gelegenheit nicht vorübergehen lassen wird, an den
Seancen des scheinbar noch unter der Autorität des
berühmten englischen Gelehrten stehenden Mediums Tbeii
nehmen zu wollen. Und so wurden denn auch von verschiedenen
Gesellschaftskreisen Seancen arrangirt; Mrs.
Corner ist bereits nach allen Richtungen vergriffen", eine
Serie Sitzungen folgt der anderen.
Befremdend ist es jedenfalls, dass trotz so vielem
Experimentiren verhältnissmässig so wenig darüber publizirt
wird. Abgesehen von zweien, in der „Uebersinnlichen Welt"
veröffentlichten Beschreibungen über die Berliner Sitzungen,
welche offenbar Beobachtungen von wenig mit der Sache
Vertrauten darstellen, fehlen in den einschlägigen Fach-
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