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Die supernormale Fähigkeit der Sprachenbildung. QU
Visionen erscheinen ihm in Gestalt von Gemälden, so dass
die Annahme nahe liegt, dass es Liebhaber von Bildersammlungen
und illu8trirten Journalen ist, welchen es
unbewusst eine Menge von Motiven entnimmt, wie das
Grabmal Raspaifs, die Darstellung eines Arbeiters in einem
Steinbruch, der Scheiterhaufen einer indischen Wittwe, eine
junge mit ihrem Affen spielende Orientalin u. s. w. Die
hübsche Zeichnung, welche es für den Brief eines arabischen
Eingeborenen ausgab, und welche in Wirklichkeit ein
arabischer, mit der im nördlichen Afrika üblichen Punktirung
versehener Text war, muss irgend eine kalligraphische Schrift
des Maghreb, irgend ein früher von ihr einmal gesehenes
„bismillah" gewesen sein. Aus allem diesem würde hervorgehen
, dass sowohl die Selbsttätigkeit des Mediums, wie
auch der Einfluss der Umgebung eine Rolle spielen, welche
Argumente entkräften die spiritistische Hypothese unterstützen
heisst. Man bemerkt dies urasomehr bei dem Fall,
der die fünfte Kategorie des Herrn Lemaitre bildet, wo der
Verfasser in allzu grosser Kürze solche Vermuthungen zu
Gunsten des Spiritismus äussert, dass man sich gedrängt
fühlt, ihn um einige nähere Angaben zu ersuchen.
Bei der Inkarnation einer jungen Araberin aus dem
XV. Jahrhundert, die an einen Hindufürsten verheirathet
und später auf dem Scheiterhaufen ihres Gatten verbrannt
wurde, soll das Medium mit fast derselben Geläufigkeit, wie
Fräulein Couedon, eine Sprache gesprochen haben, in welcher
die Orientalisten Sanskritwurzeln, aber selten aus dem
klassischen Sanskrit, wieder erkannt haben (Cf. Gibier,
Fakirisme occidental, p. 335). Herr Lemaitre citirt von
diesem, den Orientalisten wenig bekannten Hindudialekt
nur die fünf Worte: adaprati tava noo simyo sinonyedo und
erspart sich leider das Uebrige. Man wird wohl die zärtliche
Phrase: mama Kama sour Mitidja, welche das Medium —
Prinzessin an ihren Affen richtet, hier nicht gut mit anführen
können, denn es scheint vielmehr, dass dies nichts
weiter als eine unbestimmte Erinnerung an arabische Worte
ist. Die Mitidja ist z. B. eine sehr bekannte Ebene in Algier.
Die wenigen von Herrn Lemaitre veröffentlichten
Dokumente gestatten aber, wie gesagt, keine eingehendere
Prüfung. Es wäre nun aber zu bedauern, wenn man es bei
der Sache bewenden hesse. Wenn Herr Lemaitre in der
That noch einige Worte oder Gespräche des Mediums
besitzt, wenn er sie veröffentlicht, und wenn die Indianisten
darin einen wirklichen Dialekt und einen entsprechenden
Sinn entdecken und dies mit Beweisen bekräftigen, würde
der Spiritismus sicherlich einen grossen Schritt weiter ge-
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