http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1899/0658
644 Psychische Studien. XXVI. Jahrg. 11. Heft. (November 1899.)
scheinung, mit todtenbleichem Gesicht. Während der Versuche
ist er fieberhaft erregt und im höchsten Grade nervös. Eine
Dame, die schon viele Seancen mit bedeutenderen Trance-
Medien mitgemacht hat und selbst stark medial veranlagt
ist, sprach mir ihre feste Ueberzeugung aus, dass, nach dem
äusseren Ansehen zu sHiliessen, Herr ff. speziell bei diesem
letzten Versuche entschieden in einem leichteren Trance-
Zustand sich befinde. —
Der Zweck dieses langen Schreibens ist nun der, Sie,
sehr geehrter Herr Professor, zu bitten, wenn irgend möglich
, selbst oder durch Vermittelung anderer massgebender
Persönlichkeiten, Schritte zu unternehmen, um diese merkwürdige
, auf jeden Fall im höchsten Grade sensitive Natur
vor einem Forum wissenschaftlicher Männer (dies natürlich
im besten Sinne gesagt!) einer eingehenden Prüfung zu
unterziehen. Ich bin fest überzeugt, dass unsere okkultistische
Statistik dadurch um eine Reihe interessanter und unantastbarer
Thatsachen bereichert würde, und das ist für alle
Fälle werthvoll. Auch wären vielleicht mediale Eigenschaften
bei Ninoff zu entwickeln. Ich glaube, dass eine Reihe von
exakt durchgeführten Beobachtungen telepathischer Erscheinungen
, mit Ausschliessung aller bis jetzt bekannten
und supponirten Fehlerquellen, die beste Antwort auf die
LehmanrCschm Hohlspiegelfechtereien wäre. Leider war es
mir nicht möglich, trotz zweimaligen Versuchs, Herrn N.
im Hotel zu treffen. Auch weiss ich nicht, wohin von hier
aus seine Reise geht. Es dürfte aber nicht schwer halten
aus den Zeitungen Weiteres über ihn zu ermitteln. Jedenfalls
wäre es sehr zu wünschen, wenn diese unter so
schwierigen äusseren Verhältnissen, zwischen Nikotin, Alkohol
und Unverständniss, resp, Indifferenz einer gedankenlosen
Zuschauermenge*) so glänzend sich äussernden Fähigkeiten
*) Wie der liebe Pöbel, auch der scheinbar gebildete, der sich eben
amüsiren wollte, sich aui ersten Abend benahm, ersehen Sie aus beigelegtem
Ausschnitt Am zweiten Abend war es etwas besser. Uebrigens
fand IV. nachher selbst seitens der Presse einstimmige Anerkennung
mit Rüffelung der Rüpel; mehr kann man ja vorerst gar nicht verlangen.
Der „Darmstädter tägliche Anzeiger" schreibt in seiner Nr. 239: „Als
wir nach Schluss der gestrigen Orpheums-Vorstellung zu später Nachtstunde
heimwärts strebten, da konnten wir über das Auftreten des Herrn
Ninoff aus Paris u. a. hören, dass doch nicht alles so glatt und wunderbar
zugegangen sei, wie vorher verkündet worden, und dass es an „Irrthtimern"
nicht gefehlt habe. Das ist richtig, nur mit der Einschränkung, dass
ersichtlich viele Besucher mit der Absicht gekommen waren, solche
„Irrungen" hervorzurufen und den Bitten des als Dolmetscher
amtirenden Herrn um Vermeidung von Störungen, Zwischenreden u. 8. w.
nicht nachkamen. Nachdem die Störungen beseitigt waren, feierte
das „System" ^diese reservatio der skeptischen Gänseftlssohen kann sich
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1899/0658