Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
26. Jahrgang.1899
Seite: 652
(PDF, 195 MB)
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652 Psychische Studieo. XXVI. Jahrg. 11. Heft. (November 1899.)

durch eine Anzahl gut gewählter, nicht zu missdeutender Citate aus Waqner's
Werken das Publikum auf den tief religiösen und zwar christlich religiösen
Kern in \V<tqnev\ Wesen aufmerksam macht, vorausgesetzt, dass
wir unter „christlich" nicht Lehrsatze der katholischen, der lutherischen
oder irgend welcher anderen „Kirche", sondern die fundamentalen urchristlichen
Lehren verstehen.

Waffner gilt ja heute noch Vielen als Heide, Atheist. Pessimist,
Buddhist u. s. w. — Doch mit Unrecht1 Ein genialer Künstler kann kein
(Gottesleugner sein und bleiben. Wagner war zwar Pessimist und Anhänger
oder besser gesagt Gesinnungsgenosse Schopenhauer^, doch nur bis zu
einer gewisser Grenze, nur bezüglich der gegenwärtigen Lage und Verhältnisse
des Menschengeschlechtes; er war überzeugt von der Möglichkeit
einer Regeneration auf Grund einer Religion, einer „reinsten, der christlichen
Otfenbarung zu entblühenden Religion", {IL W. Ges. Schriften und
Dichtungen, X. 288; einer „Religion des Mitleidens". „Ein Seufzer des
tiefsten Mitleids, wie wir ihn am Kreuze auf Golgatha einst vernahmen, und
de nun aus unserer eigenen Seele hervordringt", soll uns aus unserem
Verfalle aufblicken lassen. (X. 48). Er erkennt, dzss „die Anerkennung
einer moralischen Bedeutung der Welt die Krone aller Erkenntniss sei"
(X. 333), und fas*>t eine „ausser aller Zeit und allem Räume liegende Bestimmung
der Welt" in's Auge. Dass aber von den zwei grossen Religionen
des Mitleidens, der buddhistischen und der christlichen, die letztere es war,
zu welcher, ak der wrenigei passiven, sich Waqner schliesslich hingezogen
fuh te, was ja bei einem solchen Manne der That leicht begreiflich ist, das
ersthen wir aus dem Parsifal. Da ist nicht mehr \on „Entsagung" die Rede,
sondern das Mitleid treibt hier zu Thaten, und durch Thaten wird erst der
Sieg errungen. Obwohl gottbegnadeter Künstler vom Scheitel bis zur Sohle
wTUb&te sich IVaqner doch von den Mängeln einer einseitigen „Aesthetik"
durchaus frei zu erhalten. „Einzig auf der Grundlage einer wahrhaftigen
Moralität kann eine wahrhaftige ästhetisch eKunstblüthe gedeihen." (X.362).
„Nicht aber kann der höchsten Kunst die Kraft zu solchen Offenbarungen
erwachsen, wenn sie der Grundlage des religiösen Symboles einer vollkommensten
sittlichen Weltordnung entbehrt, durch welches sie
dem Volke erst wahrhaft verständlich zu werden vermag." (X. 335). Wagner
war nämlich auch kein Aristokrat, sondern erwartete das Heil vom Volke
der Zukunft, was Manchem unbekannt sein dürfte.

An den Haupttheil des Buches schliesst sich ein diesen an Umfang weit

übertreffender Anhang mit Anmerkungen an, ziemlich langathmige Erlauterungen
, die manchmal mit dem eigentlichen Thema nur sehr lose zusammenhängen
. So z. B werden wir u. A. mit Swedenborg und seinen
Hellsehereien bekannt gemacht, bekommen eine spiritualistische Auseinandersetzung
mit Hinweis aid du Prel zu lesen und dergl. mehr. Auch wird der
deutsche Leser manches betremdende „Englisch-kirchliche" in dem Buche
finden. So z. B. wird Wagner hinsichtlich des Vorwurfes lange und
gründlich vertheidigt, dass er sich immer nur so mit „blossen Sagen" beschäftigt
hätte! Wenn der Verfasser ferner in allem Ernste die Frage
aufwerfen und beantworten zu mübsen glaubt, ob es Waqner mit der
ethischen Tendenz in seinen Werken auch ernst gewesen und nicht etwa
die ganze Geschichte nur als Berechnung für oen Bühnen-Effekt (Wagner \\)
aufzufassen sei, so muss das einen deutschen Leser, der Wagner'a Wesen
nur so halb weg? kennt, etwas seltsam anmuthen. Waqner^ Gestalten und
Dramen werden mit angeblich entsprechenden Bibelsprüchen beleuchtet und
wird zuweilen auf einen Zusammenhang hingewiesen, von dem Wagner
sich sicherlich nichts träumen Hess. So erblickt der Verfasser in Siegfried
„des Weibes Sohn, in der Hohle geboren, der das Haupt der Schlange
zerschmettert" (S. 71), und der erschlagene Siegfried und Brunhilde er-
innern ihn „auffallend11 an das „erschlagene Lamm und seine liebende


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