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658 Psychische Studien. XXVI. Jahrg. 12. Heft. (Dezember 1899.)
etwa weil das geringere intellektuelle Seelenleben des Thieres
eine Sehärfung der supernormalen Fähigkeiten in Folge des
Kampfes ums Dasein bedingt. Eine derartige Frage kann
selbstverständlich erst auf Grund umfassender thatsächlieher
Feststellungen gelöst werden.
Jedenfalls ist die Lösung dieses Problemes von unabsehbarer
Tragweite. Das Wesen des Instinktes — dieses
„Mädchen für alles" der Thierpsychologie — würde eine
neue Beleuchtung erfahren, die Erkenntnis der supernormalen
Fähigkeiten würde in ein neues Licht treten. Welche Perspektiven
eröffnen sich uns, wenn wir feststellen, dass die
supernormalen Fähigkeiten kein Vorzug des Menschen,
sondern ein Entwickelungsprodukt wie alles Gewordene sind!
Dann fällt der Schleier des Wunderbaren, mit dem bisher
jene geheimnissvollen Phänomene umhüllt waren, es fällt
die Ausnahmestellung, die sie bisher in den Naturgesetzen
beanspruchten, und sie erweisen sich als den allgemeinen
Naturgesetzen ebenso untergeordnet, wie alles, was ist. Das
ist freilich vorläufig alles hypothetisch. Die Thatsachen,
auf Grund deren allein die Hypothese zur Wahrscheinlichkeit
emporwächst, fehlen noch. Ist es doch das erste Mal,
dass dieser entwickelungsgeschichtliche Gesichtspunkt im
Okkultismus angewendet wird. Ob er der richtige ist, wird
die Zukunft lehren.
Die „Gesellschaft für psychische Forschung"
hat es unternommen, Thatsachen zu sammeln, welche die
Existenz supernormaler Fähigkeiten in der Thierwelt beweisen
. Sie wird fortlaufend das eingesendete Material
in diesen Spalten veröffentlichen. Die wissenschaftliche Verantwortung
trägt für den einzelnen Fall der jeweilige Berichterstatter
. Im Interesse der Beweiskraft der Berichte
ist die detaillirte Darstellung, am besten unabhängig, seitens
mehrerer Zeugen, erwünscht. Dr. JE?. Hohn.
Telepathie eines Hundes.
Bericht von Dr. Schupp-München.
In meiner vorigen Praxis zu Bad Soden am Taunus
bewohnte ich eine Villa, in deren oberem Stock ich ausser
meinem zahnärztlichen Laboratorium ein Zimmer als Dunkelkammer
hergerichtet hatte, in welcher ich zahlreiche
hypnotische und spiritistische Experimente machte. Ich
besass damals einen herrlichen schwarzen Pudel, der mit
unbeschreiblicher Anhänglichkeit an mir hing und selbst
während meiner Consultationsstunden bei mir im Zimmer
verblieb. Solange ich nun in oben erwähntem Zimmer nur
hypnotische Experimente machte, war der Hund stets zugegen,
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