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672 Psychische Studien. XXVI. Jahrg. 12. Heft. (Dezember 1899.)
Organismus Spuren hinterlassen haben und die man nicht
mehr durch die Prüfung der späteren Zustände der physischen
Reihe rekonstruiren könnte, so könnte auch die von uns
angenommene dritte Reihe dazu geeignet sein, die Bilder
vergangener Ereignisse aufzubewahren, obgleich dieselben
nur in der unbelebten Welt Spuren zurückgelassen haben,
indem sie diese letztere dadurch mit einem öedächtniss sui
generis ausstattet.
Ausserdem könnte diese Hypothese einigermassen zur
Erklärung der Telästhesie verhelfen. Denn wenn wir einmal
annehmen, dass alle Erscheinungen der unorganischen Welt
auch von einer anderen Klasse von Erscheinungen begleitet
sind, die von unserem Bewusstsein aufgenommen werden
können, so werden wir es ganz natürlich finden, dass
derartige Wahrnehmungen nicht durch die Empfindungsvorgänge
perzipirt werden können, welche dazu dienen,
unser Bewusstsein mit der Reihe der physikalischen Erscheinungen
in Verbindung zu bringen, sondern dass sie
an Stelle dessen vermittelst besonderer, uns noch unbekannter
V orgänge ausgelöst werden. Uebrigens werden wir durch
die Phänomene der Telepathie schon darauf hingewiesen,
die wahrscheinliche Existenz von besonderen Wahrnehmungsvorgängen
in Erwägung zu ziehen, welche nicht nur von
den uns bekannten Sinnen unabhängig, sondern vielleicht
sogar auf ganz andere Prinzipien gegründet sind, als diejenigen
, nach welchen die Funktion der bekannten Sinne vor
sich geht.
Nehmen wir an, dass eine dritte Klasse von Vorgängen
existirt, welche die physischen Erscheinungen begleitet, so
begleitet sie selbstverständlich auch die physio-psychologisehen
Erscheinungen, welche, um bewusst zu werden, deswegen
immer eine rein physische Seite hätten. Hierdurch könnte
man eine Erklärung gewinnen nicht nur für die eigentlichen
Ahnungen und für die Telästhesie, sondern auch für die
Telepathie, die sowohl vom physikalischen, als auch vom
psychologischen Standpunkte aus betrachtet noch nicht hat
erklärt werden können. So könnte man alle diese verschiedenen
Phänomene, die scheinbar so ungleichartig sind
und doch oft so eng miteinander verbunden auftreten, aus
einem einzigen Prinzip herleiten.
Allen denen, die mir einwenden, ich hätte eine zu
phantastische und zu folgenschwere Hypothese gewagt zu
Grünsten nicht allgemein anerkannter Phänomene und
besonders zu Gunsten der eigentlichen Ahnungen, welche
sogar noch für diejenigen zweifelhaft bleiben, die sich mit
psychischen Studien beschäftigen, allen denen kann ich nur
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