Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
26. Jahrgang.1899
Seite: 677
(PDF, 195 MB)
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Gabalke: Moderne Christenthumsforscher.

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mehr in ihrer Ursprünglichkeit, sondern nur noch ihren
Legirungsprozess mit den hellenistischen und pharisäischen
Denkkategorien darstellen. Ja, selbst schon das Matthäus-
und Lucasevangelium vertreten so ausgesprochen verschiedene
Standpunkte innerhalb des Apostelkreises und der urchristlichen
Entwickelung, dass nur nach eingehendem, historischkritischen
Studium auf die Ursprünglichkeit, nicht etwa nur
der Passung, sondern auch des Sinnes der Worte Jesu geschlossen
werden kann. Dagegen dürfte über die Centrailehre
Jesu kein Zweifel mehr sein und „satiram non scribere difficile
est" über die Marotte Tolstois, welcher das „Widerstrebet
nicht dem Uebel" zu dem Novum und Fundamentalsatze
des Christenthums macht. Dieses anscheinende Paradoxon
wird verständlich und schliesst sich im Gegentheil eng an
die alttestamentliche Klimax von der Wiedervergeltung an,
führt aber dieselbe zu Ende, d. h. über sie hinaus.

1. Mos. 4, 23, 24 lesen wir: „Ich (Lamech) habe einen
Mann erschlagen für eine Wunde und einen Jüngling für
eine Beule. Kain soll 7 mal gerochen werden, Lamech aber *
7 mal 70 mal." Diese Worte legen Zeugniss ab von dem
ungezügelten, thierisch-rohen, masslosen Rachedurst des
jüdischen Wüstenvolkes. Da kommt der grosse Kenner
seines Volkes Moses und sein pädagogischer Takt ist weit
entfernt, das Unmögliche anzustreben und die Bache ganz
zu verbieten, sondern beschränkt sie nur auf ihr gerechtes
Mass: Auge um Auge, Zahn um Zahn — hüte dich,
deinem Feinde ein grösseres Uebel zuzufügen, als du von
ihm erlitten hast. In der Fülle der Zeit kommt nun Jesus,
der rechte Mann zu rechter Zeit, und sagt: Du sollst
überhaupt nicht Böses mit Bösem vergelten, denn was
Luther mit widerstreben übersetzt hat: Matth. 5, 39
ävtuSTfjvai, heisst repugnare, d. h. in Kampfstellung zurück-
8chlagen. Sondern ehe du das thust, ehe du dasselbe
Unrecht wie dein Feind begehest, lieber dulde das Doppelte.
Das ist wahrlich so wenig paradox, als vielmehr ohne diese
weise, zurückhaltende Selbstbeschränkung gar nie abzusehen
wäre, wann das Rückschlagen ein Ende zu nehmen hätte.
Auf centrale Bedeutung im Christenthum kann aber diese
sich von selbst ergebende Gesetzeserfüllung darum nicht
Anspruch machen, weil sie nur eine Konsequenz der ebenso
wenig centralen Nächstenliebe ist. Denn leide ich unter
dem erlittenen Unrechte, wie sollte ich dasselbe dem
Nächsten zufügen, den ich doch liebe, gleich wie mich,
d. h. nach Art und Maass der Liebe, mit der ich
mich selbst liebe. Wir kommen hiermit auf die Richtigstellung
der

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