Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
26. Jahrgang.1899
Seite: 686
(PDF, 195 MB)
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686 Psychische Studien. XXVI. Jahrg, 12. Heft. (Dezember 1899.)

frei denkende Menschen noch immer als zu dem idealen
Gottmenschen aufblicken.

Zum Schluss noch zwei Bemerkungen über Seiling. Die
eine über einen Punkt seiner lesenswerthen, scharfsinnigen
Würdigung und Kritik der Schopenhauer'sehen Philosophie, im
Besonderen seines unkonsequenten Schwankens zwischen Idealismus
und Realismus. Max Seiling als überzeugter Vertreter
des metaphysischen Individualismus citirt demnach zustimmend
Parerga I, 219: „Die Völker existiren blos in abstracto: die
Einzelnen sind das Reale." Und doch will er bei der Besprechung
Mainländer's S. 157 die universelle Gültigkeit des
Gesetzes von der Erhaltung der Kraft dadurch in Frage
gestellt sehen, dass wohl ein Wille ganz verlöschen könne,
was durch das Beispiel von (untergehenden) Völkern bewiesen
werde. Nimmt aber Max Seiling mit Schopenhauer an, dass
ein Volk nur als Abstraktum, als eine Summe von Individuen
zur Zeit und auf Zeit existirt, so kann auch beim Verfall
und Untergang desselben nur auf Auflösung dieser Summe
in ihre Summanden, nicht aber auf Vernichtung der die
Realität der Individuen verbürgenden Willensindividualitäten
geschlossen werden. Das Beispiel untergehender Völker wie
die phänomenale Willensabnahme (d. h. doch nur Abnahme
der phänomenalen Willensäusserung) beim Einzelnen kann
also weder an sich, noch weniger als genügender Einwand
gegen die Universalität des Gesetzes von der Erhaltung der
Kraft ins Feld geführt werden.

Zum anderen bedarf Max Seiling's Ansicht, „dass die
Zeit des Glaubens früher oder später zu Ende gegangen
sein wird," einer näheren Beleuchtung zur Widerlegung.
Versteht man unter Glauben das Fürwahrhalten kirchlicher
Dogmen als metaphysischer Offenbarungen, so antworte ich
init Schopenhauer Parerga II „Ueber Religion": „Mythos und
Allegorie ist das eigentliche Element der Religion: aber
unter dieser, wegen der geistigen Beschränktheit des grossen
Haufens, unumgänglichen Bedingung, leistet sie dem so
unvertilgbaren, metaphysischen Bedürfniss des Menschen sehr
wohl Genüge und vertritt die Stelle der, unendlich schwer
und vielleicht nie zu erreichenden, reinen philosophischen
Wahrheit." — „Selbst wenn eine wirklich wahre Philosophie
die Stelle der Religion eingenommen hätte, so würde sie
von aller wenigstens neun Zehntel der Menschen doch nur
auf Autorität angenommen werden, also wieder Glaubenssache
sein: denn bei Plato's <ptX6<>ocpov nlfj&oq ädvvatov
üvai wird es immerdar bleiben." Das wäre die fides, quae
creditur, welche für neun Zehntel der Menschen auch in
Zukunft „der Leitstern" bleiben wird. Noch günstiger stellt


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