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702 Psychische Studien. XXVI. Jahrg. 12. Heft (Dezember 1806.)
genauen Adresse, an den 1. Schriftführer des Verbands,
Herrn Max Röhn (Berlin, Ebers walders trasse 16) einsenden
und womöglich zugleich Vorschläge zur Abhilfe beifügen
zu wollen. Anonyme Mittheilungen und Zusendungen
haben keinen Werth, da zur erfolgreichen
Bekämpfung der Missstände — durch öffentliche
Brandmarkung der Schuldigen — in erster Linie erforderlich
ist, dass die Feststellung der betreffenden Thatsacben mit
yoller Nennung der Hamen, Orte, sowie sämmtlicher Nebenumstände
unter offenem Visir erfolgt.
b) Ueber feuerfeste Europäer schreibt man
dem „Frankf. Gen.-Anz." vom 25. Oktober aus London:
„Unlängst hatte ein englischer Forscher yon den Fidschi-
in sein über die bei den dortigen Eingeborenen üblichen
Feuerproben berichtet, die darin bestehen, dass Leute
Uber einen Haufen von glühenden Steinen unbeschädigt
hinweg schreiten. Diese Feuerprobe wird Umu Ti genannt
und von einer bestimmten Familie auf der Insel Kaiatea
ausgeübt. Die Thatsache ist bis heutigen Tages räthselhaft
geblieben, aber man hat angenommen, dass die betreffenden
Menschen die Sohlen ihrer Füsse mit irgend einem Stoffe
einreiben, der sie gegen Verbrennung schützt. Nun aber
bringt das „Journal der Polynesischen Gesellschaft" die
Mittheilung, dass mehrere Europäer sich ebenfalls derselben
Feuerprobe unterworfen haben, und durch den Verlauf dieses
kühnen Wagnisses ist die Thatsache nur noch unbegreiflicher
geworden. Oberst Gudgeon, der britische Präsident in
liarotonga, der die Maorisprache vollkommen beherrscht
und unter den Eingeborenen sehr beliebt ist, befahl am
20. Januar d. J. einen jungen Mann aus Raiatea zu sich,
der zu der Gruppe der „Feuergänger4* gehörte. Dann wurde,
wie gewöhnlich, auf einer Lage von Steinen ein grosses
Feuer angezündet, und nachdem die brennenden Scheite
entfernt worden waren, fand Gudgeon um 2 Uhr Nachmittags
die glühenden Steine für einen Versuch bereit. Der Eingeborene
bemerkte, dass zwei Steine nicht heiss geworden
waren, weil sie von einem „Marä", einem geheiligten Platze
genommen worden waren, sonst aber befand sich alles in
hoissester öluih. Die vorbereitende Oeremonie dauerte nicht
lange; der Baiatea-Mann sprach nur einige Worte und schlug
dann zusammen mit einem Tanora (Jünger) den Band des
Ofens drei Mal mit einem Ti-Zweige von einer Dracaena-
pflanze. Dann schritten sie beide langsam und sicher über
die vier Meter breite Lage glühender Steine hinweg. Nunmehr
reichte der Jünger des älteren Eingeborenen einem der noch
anwesenden Europäer seinen Zweig und sagte: „Ich über*
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