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Litteraturbericht
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Besprechuug unterzogen hat,*) Ihr Vater war der beliebte
Jugendschriftsteller Kapitän Marryat^ als Offizier einer der
Hüter Napoleon1* I. auf St. Helena. Die Tochter war in
reichem Masse Erbin des väterlichen Erzählertalentes und
hat im Ganzen etwa 80 Romane verfasst, ungerechnet vieler
Zeitungsartikel, Besprechungen und 54 Novellen. Jahrelang
war sie ein gutes Mitglied mehrerer Bühnen und zog sich
dann zurück, um von der Feder zu leben und nach langem
Verkehr mit vielen und den besten Medien ihrer spiritistischen
Ueberzeugung Ausdruck zu geben.
liitteraturbericlit.
Berichterstatter für deutsche, englische, französische, italienische Litteratur
ist Dr. Erich Bohrt, Breslau Kirchstrasse 27, für alle anderen Sprachen
Hofrat Dr. Wernekke, Weimar. Die Redaktion übernimmt keine Verantwortung
für die in den Besprechungen ausgesprochenen Ansichten. Die
Berichterstatter vertreten nur die mit ihrem Namen gezeichneten Artikel.
Wir bitten, Zeitschriften und sonstige Litteratur nicht an die Re-,
daktion, sondern direkt an die Genannten zu schicken.
A. Bücherbesprechungen.
„Ormuzd und Afiriman. Die ethische Frage im Lichte der dualistischidealistischen
Weltanschauung." Von Rudolf Lötz. 339 S. Athen. In
Commission bei Barth & von Hirst. 1898.
Der Verfasser versucht, auf eine von ihm selbst aufgestellte Theorie
des Zufalls gestützt, das Problem der Willensfreiheit, „ohne dessen Lösung
eine richtige Einsicht in die zwischen Leib und Seele bestehenden
Beziehungen nicht denkbar ist," zu lösen und eine „dualistisch-idealistische"
Weltanschauung aufzubauen oder doch wenigstens die Grundzüge einer
solchen festzustellen.
„Unter Zufall ist nicht, wie so Viele meinen, eine Wirkung ohne
Ursache oder ohne zureichende Ursache, sondern der Hinzutritt von Ursachen
zu einer sich an dem Faden der Causalität abspinnenden Ereignisskette
aus einer anderen, von dieser verschiedenen causalen Ereignisskette
zu verstehen" (S. 10). Der „Zufall" ist also die Folge der Vielheit, des
„Vielheitsprincipes", in welchem der Verfasser die eine der beiden weltbewegenden
Mächte erblickt. Ihr gegenüber steht das ewige „Einheits-
princip", dessen Characteristicon das „Gesetzliche" ist. In der weiteren
Ausführung sucht der Verfasser den Nachweis zu erbringen, dass alles
Vollkommene, Gesunde und Gute in der Natur stets ein „Gesetzliches",
alles Unvollkommene, Schlechte und Krankhafte stets ein „Zufalliges" sei
(S. 70). Der Zufall erscheint demnach als die allgemeine Form des Uebels
in der Welt, als das eigentliche Zerstörungsprincip in der Natur oder doch
als dessen allgemeine Wirkungsweise (S. 92). Die Zufallsmacht als blind
wirkender Zerstörungstrieb richtet sich gegen Alles und Jedes, also auch
gegen ihre eigenen Wirkungen, darum stellen sich „glückliche Zutälle"
dar als partielle und selbstverständlich ganz unfreiwillige Rückerstattungen
der Zufallsmächte von dem unermesslichen Raube an Glückseligkeitsgütern,
der ihnen beständig zum Opfer fallt (S. 93).
Hinsichtlich des Seelenlebens sucht der Verfasser zu beweisen, dass
die Seele als im Grunde „Einheitsprincip" nur in der sittlichen selbst-
*) Vergl. „Psych. Sfcud." April-Heft 1894, S. 82 ff.
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