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Litteraturbe licht.
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was ihn zu einigen sehr wichtigen Correcturen seiner Weltanschauung veranlassen
könnte. Er würde dann auch gewiss selbst die Schwächen seiner
Definition des Aberglaubens" <S. 23) herausfinden. Trotzdem kann
„Ormuzd und Ahriman" jedem philosophisch gebildeten Occultisten
empfohlen werden, Dr. Emil v. Kr as nickt*
Gabriel Delanne* „L'&me est immortelle. Demonstration Exp6rimen-
tale." Paris 1899. Chamuel Editeur. 5 rue de Savoie. 470 Seiten.
Gabriel Delanne, der Herausgeber der „Revue scientifique et morale
du Spiritisme" gehört unter die Hauptvertreter des französischen populären
Spiritismus. Der ungemein produktive Schriftsteller sucht in dem vorliegenden
Werke den experimentellen Nachweis der Existenz des Perisprit (AstralleibJ
zu fuhren. Er geht dabei von dem Grundgedanken aus, dass das Wesen
des Menschen aus drei Theilen: Seele, „peresprit" und Körper bestehe. Dass
ein derartiger Nachweis wissenschaftlich eine interessante und lohnenswerthe
Arbeit ist, wird Niemand in Frage stellen. Es fragt sich nur, wie Delanne
seine Absicht verwirklicht. Anzuerkennen ist die übersichtliche Zusammenstellung
des zerstreuten Stoffes, wobei man zwar viel Bekanntes und bis
zum Ueberdruss Wiedergekautes in Kauf nehmen muss, aber andererseits
auch recht viel Neues erfährt. Ich rechne darunter die Berichte über Kalle
Ring (265 ff.), welche die Crookes* Experimente ergänzen. Bei Arbeiten
auf diesem Gebiete wird das Werk eine willkommene Vorarbeit sein.
Dagegen sieht es mit der Kritik der Ihatsachen sehr schlimm aus.
Delanne verfallt in den Fehler der meisten okkultistischen Schriftsteller:
Sammelwerke aus Lesefrüchten zu schreiben. In Deutschland ist dieser
Typus hinlänglich vertreten; ich erinnere an Per tu und an manche Arbeiten
du Prel's. Eine derartige Thätigkeit ist nicht zu unterschätzen; aber
sie wird irreleitend, wenn sie die Kritik der benutzten Quellen ausser
Acht lässt. Ich würde kein Wort verlieren, wenn das vorliegende Werk
historisch wäre; aber da es ein psychologisches Werk sein soll,
musste der Verfasser die zu Grunde liegenden Thatsachen mit minutiöser
Sorgfalt prüfen. Das ist selten geschehen. Es mangelt ihm die wissenschaftliche
Vorsicht, die Kritik der Thatsachen; beispielsweise werden die
Experimente(l) von Meimers mit Firman noch als mustergiltig hingestellt,
nachdem Dr. Willig bereits vor Jahren darin den groben Betrug nachgewiesen
hat. — In seinen Folgerungen schiesst Delanne über das Ziel
hinaus. Das Ganze ist eine laienhafte Arbeit, die unbewiesene Behauptungen
durch unbewiesene Thatsachen zu stützen sucht. In Vorbereitung befinden
sich zwei weitere Werke über automatische Schrift und die psychische
Kraft. Hier handelt es sich um exakte psycho-physiologische Probleme und
der Verfasser wird Gelegenheit haben zu beweisen, dass er im Stande ist,
ein wissenschaftliches Problem auch wissenschaftlich zu bearbeiten.
Dr. Erich Bohn.
tf. M. Kerntng, Betrachtungen über christliche Wahrheiten für alle
Tage des Jahres. Neuausgabe, im Selbstverlag von H. Jantzen. Freiburg
i. Br. 1900. 653 S. Preis 4M. — Den zahlreichen Verehrern des
christlichen Theosophen und Mystikers Johann Baptisl Krebs (geb. 1774
bei Villingen im badischen Schwarzwald, gest. als K. Hoftheaterregisseur,
Hofsänger und Operndichter 1851 zu Stuttgart, woselbst er seit 1835 ^
erster „Meister vom Stuhl" die Freimaurerloge „ Wilhelm zur aufgehenden
Sonne" leitete und unter dem Pseudonym „ Renting" auch schriftstellerisch
mit Eriolg thätig war) hat der Herausgeber dureb diese mit dem Bildniss
des Verfassers, seiner Biographie und einem ausführlichen lnhaltsverzeichniss
bereicherte Neuausgabe des nach dem Tode Krebs1 von seinen Freunden
zuerst bei E. Schweizerbarl in Stuttgart herausgegebenen, im Buchhandel
längst vergriffenen und als kostbarer Hausschatz von manchem Anhänger
der Geisteslehre sehnlich gesuchten Andachtsbuchs im Sinne einer durch
freiere und zugleich tiefere Auffassung christlicher Heilslehren vergeistigten
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