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Kniepf: Ahnungen, Prophezeiungen und Telepathie ete. 19
Ahnungen, Prophezeiungen und Telepathie vom
Standpunkt der Astrologie,
Von Albert Kniepf.
Vor mir liegt ein Bericht über die Berliner Seherin
de Ferriöm von Godefroy über eine Anzahl von Prophezeiungen
aus dem Alltagskreise der Dame in Bezug auf Dinge, welche
sich noch an demselben Tage oder in den nächsten Stunden
genau wie vorgescbaut ereigneten. So zum Beispiel ein Nasenbluten
bei dem Berichterstatter, ferner wie die Seherin selbst
aus einem Omnibus würde wegen Platzmangels wieder aussteigen
müssen, dass ein Kleidungsstück in Brand gerathen,
und dass Herr G. einen Bekannten wider alles Erwarten
nicht antreffen würde; und zum zum Schluss fühlte sie auch
— was ja nun weniger selten vorkommt — ein Gewitter
voraus.
Liegt hier nicht der Schluss nahe, dass die telepathischen
Voraussagen auf ganz demselben Prinzip beruhen wie die
letzterwähnte meteorologische, über deren Erklärung wir
doch kaum in Zweifel sein können? Wenn schon eine hohe
Sensitivität dazu gehört, persönliche Erlebnisse vorauszusagen
oder auf mehrere Stunden vorher den Brand eines
Kleidungsstückes vorahnend im Zimmer zu „riechen" (wie
es hier der Fall war), so könnte alles dies doch nur dem
Grade nach von der meteorologischen Prognose verschieden
sein, und ich will hier darlegen, dass sich dies wirklich so
verhält.
In der Erforschung des Ueber- und Unterfünfsinnlichen
hat man bisher eine sehr wichtige Wissenschaft nicht berücksichtigt
, welche allerdings nicht so leicht zugänglich ist,
wie es zum Verständnisse auch jener Dinge wünschenswerth
wäre, nämlich die Astrologie. Diese lehrt uns mit
Agrippa von Nettesheim zu reden, dass „was bei den unteren
Dingen auf irgend eine Art bewegt, getrieben oder geleitet
wird, nothwendig sich richten muss nach den Bewegungen
und Einflüssen der oberen, als den Wurzeln und Ursachen",
das heisst nach den Bewegungen der Gestirne. Hier haben
wir den Schlüssel für die Notwendigkeit und Gesetzmässigkeit
alles Kommenden, nicht nur was das Wetter betrifft,
sondern auch im Bereiche der gesammten •„sublunaren"
Natur, wie der Ausdruck für das Ganze der irdischen Vorgänge
noch bei Agrippa von Nettesheim lautete.
Da unser Schicksal und unser Lebensweg mit dem
Moment unserer Geburt feststeht, was sich auf andeutende
Weise auch in unserm Organismus und am meisten und
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