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Kniepf: Ahnungen, Prophzeiungen und Telepathie ete» 21
ahnungen und Prophezeiungen keiner transscendentalen Hülfe
bedürfen; das Räthselhafte, was noch übrig bleibt, liegt
allein in dem subjektiven Vermögen, in der übernormalen
Feinheit der Empfindung für das Herannahende. Wieso
aber dasselbe gefühlt werden kann, ist nur aus dem Gesetz
oder Prinzip des Determinismus, des universellen Bedingtseins
aller Vorgänge, und des Näheren aus der Astrologie
erklärlich. Viel Räthselhaftes bietet sich hier kaum
noch dar, denn da wir schon die meteorologischen Atmosphärilien
vorher fühlen, so kommt nur eine Steigerung in
Betracht für die Wirkungen derselben Einflüsse auf die
Vorgänge in der Menschenwelt. Das ist auch um so leichter
zu begreifen, je mehr die Ereignisse einen derart Sensitiven
persönlich betreffen. Da ein Jeder jedoch seine zukünftigen
Schicksale (Grestirneinflüsse) in sich birgt, so können Hochsensitive
auch bei Anderen darin lesen. Dies gilt ebenso
von den politischen und ähnlichen Voraussagungen, die um
so eher gelingen werden, wenn das Horoskop eines solchen ^
Sehers oder Seherin Beziehungen bietet zu denjenigen leitender
Persönlichkeiten. Doch ist das nicht unumgänglich
nötig; die Empfindlichkeit kann sich auch auf die Weltkonstellationen
der Zukunft im Allgemeinen erstrecken und
die Folgen derselben vorausschauen. Es ist klar, dass hier
namentlich Uebertreibungen nicht ausgeschlossen sind, oder
dass Irrthiimer unterlaufen können.
Eine sehr klare, exakt verificirte Voraussage der Seherin
de Fernem war die des Absturzes der grossen Glocke der
Simeons-Kirche in Berlin am 19. April 1899. Sie hatte die
betreffende Vision am 18. April und ich will hier darlegen,
eine wie enge Verbindung der Aspekten zwischen denen
des betreffenden Unfalls und dem Horoskop der Seherin
besteht.*) Für ihre prophetische Begabung kommt in erster
Linie in Betracht die schöne Verbindung zwischen dem
Mond im Krebs und im neunten Hause fast geschlossen im
Trigonus zu Neptun in den Fischen laufend. Der Aspekt
ist nicht nur der glücklichste zwischen beiden Gestirnen,
sondern auch in Betreff der Zeichen beider, in welchen
sie stark sind, der Mond besonders in Beziehung zur
Imagination ; eine besondere Verstärkung ist aber der Lauf
des Mondes im neunten Hause, in dem der Divination
und was damit verwandt ist. Ferner stehen Sonne und
Mond im Sextilschein und somit allerdings Sonne und Neptun
im Gegenschein — ein weltlich freilich fataler Aspekt
Intellektuell und divinatorisch wirkt er als starker Reiz#
*) Herr Godefroy war so freundlich mir die Geburtszeit der Dame
genau anzugeben.
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