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84 Psychische Studien. XXVII. Jahrg. 2. Heft. (Februar 1899.)
.Frage von so eminenter Bedeutung zu entscheiden. Es
wäre vielmehr zu wünschen, dass neuerdings namhafte
Forscher sich diesem Gegenstande widmen möchten, und
Versuche angestellt würden, gegen welche der Einwand des
unwillkürlichen Flüsterns nicht erhoben werden kann.*)
Jedenfalls aber ist es das Verdienst Lehmann^, durch
seine von ihm in so glänzender Weise experimentell bewiesene
Theorie jene für die Frage der Gedankenübertragung
überaus wichtige Fehlerquelle aufgedeckt zu haben.
Ahnungen, Prophezeiungen und Telepathie vom
Standpunkt der Astrologie.
Von Albert Kniepf •
(Schluss von Seite 24.)
Es ist die Nachtseite unseres Bewusstseins,
und man kann sagen, dass heute dieses Unterschwellen«
Bewusstsein eine wissenschaftlich anerkannte Thatsache
ist; man kann es auch das somnambule Bewusstsein
nennen. Beide Bewusstseinsseiten entsprechen der Verbindung
von Tag und Nacht in der Natur; sie gehören polar zu-
sammen, und ihnen entspricht makrokosmiseh auch ein
Wirken der Gestirne, welches wir jederzeit fünfsinnlich
kontrolliren können, also Licht, Wärme, Schwere, und ein
solches, was unterhalb unserer gemeinen Wahrnehmung
verläuft und weniger sichtbar hervortritt. Daher bezeichnen
wir die Gebiete und Funktionen des Nacht- oder Unter-
bewusstscins, dessen Tiefen freilich verschieden sind, auch
als okkulte. Ich glaube kaum, dass man (wie Herr Dr. ZT.
Bohn wünscht, vgl Okt.- u. Nov.-Heft vor. Jahrg. Red.),
diesen Begriff ganz und gar beseitigen kann; er umspannt
eine ganze Reihe nahe verwandter Phänomene und ist auch
ausserdem ein international verständlicher Ausdruck geworden
für das aus den Tiefen unseres Seelenlebens Kommende.
Ich habe selbst einmal auf die Astrologie den Begriff des
Okkulten nicht angewendet wissen wollen. Es ist allerdings
nichts Okkultes an ihren Berechnungen, auch nicht in ihrer
Physik, aber in subjektiver Hinsicht gehören die Wirkungen
der Gestirne mehr dem Unterschwellen-Bewusstsein an, wenn
*) Wir empfehlen wiederholt Experiraentalsitzungen mit dem neu aufgetauchten
brasil. Gedankenleser iVutofl\ auf dessen phänomenale Leistungen
wir bereits im Nov.- Heft (Psych. Stud. 1899, S. 638—645) hingewiesen
haben und der jüngst auch in Berlin produzirte, namentlich deshalb, weil
er seine Versuchspersonen nicht wie Cumherland an der Hand hatte, so dass
diese ihn unbewusster Weise leiteten, das grösste Aufsehen erregte. — Red.
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