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Kniepf: Ahnungen, Prophezeiungen und Telepathie efco, 87
Die unbewusste Anziehung ganz fremder Personen durch
die Gestirne ist überdies auch ein ganz alltäglicher Vorgang
; nur geschieht er im Leben zu sehr realen Zwecken.
Vom Standpunkte der Astrologie ist weder etwas für, noch
etwas gegen den Spiritismus zu beweisen, wohl aber zeigt
sie uns, dass man nicht nothwendig die somnambulen
Phänomene aller Art auf transscendentale Mitwirkung zurückzuführen
braucht; allenfalls kann man dem Glauben Raum
lassen, dass diese Mitwirkung die Phänomene verstärke —
wenn man so will
Die häufige Verbindung von visionärer Prophetie mit
spontanen Materialisationen und anderen physikalischen
Phänomenen beweist nur, dass Beides ein und dieselbe Verwurzelung
hat in der okkulten Seite unserer Natur, und
einen wie grossen Baum diese einnimmt, das darzulegen
war der Zweck dieser Zeilen. Diese okkulte Seite mag
auch möglicherweise einen Fortbestand unseres Ichs jenseits
des Todes einschliessen, im Leben bildet sie vorläufig einen
Faktor, der seine Wirksamkeit auf Alles ausdehnt, was wir
auch thun, weshalb die Erforschung derselben, ganz abgesehen
vom Spiritismus, von grosser philosophischer Bedeutung
ist. —
Ich erwähne noch das Gebiet der sogenannten Vorzeichen
im gewöhnlichen Leben; auch wo diese gar keinen
somnambulen oder mediumistischen Charakter haben und
völlig gemeinsinnlicher Natur sind, erklären sie sich durch
unsere unbewusste Disposition. Man braucht zwar nicht alles
Mögliche als Vorzeichen zu halten, denn es sind nur die
stärkeren Ereignisse, die ihren Schatten oder ihren
Glanz vorauswerfen, aber wer Acht giebt, macht interessante
Beobachtungen. Diese Vorzeicheu, die oft ganz gleichgültige
Vorgänge betreffen, sind nämlich ebenfalls bedingt
durch die Gestirneinflüsse, die ja zunächst eine
grössere Zeitkurve latent vorwirken, bis sie ihren Höhepunkt
oder ihr akutes Stadium vielmehr erreichen und in der Verkettung
unserer Erlebnisse ihre Entladung finden. Diese
Vorwirkung scheint verschiedene Zonen zu haben, soviel
ich beobachtet zu haben glaube und wie ich für etwaige
astrologisch gebildete Leser dieser Zeilen bemerke. Genau
genommen beginnen die Direktionen schon von Geburt an
zu wirken; wir bewegen uns mit unseren Geschicken daher
völlig auf einem somnambulen Untergrunde, werden geleitet
durch noch ferne oder schon nahe Einflüsse, denen wir uns
anzupassen haben, was wir dann als „Willen" bezeichnen.
Diese latenten astralen Dispositionen sind die Ursache,
dass sich viele Ereignisse durch Verwandtes und scheinbar
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