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90 Psychische Studien. XXVIL Jahrg. 2. Heft. (Februar 1900.)
wir Alle unterworfen, und dies zum Theil gegen alle
Moral und gegen alle Vorsicht der Vernunft und Ueber-
legung der äusseren Widerstände und Folgen unseres
Handelns, die sich übrigens auch oft nicht entfernt übersehen
lassen. Dieselbe Macht bezeichnet der Buddhismus und
nach ihm die Theosophie als das Karma. Die Astrologie
lässt uns, wenn auch natürlich in schematisch verschleierter
Weise sowohl das Karma erkennen, wie auch unser Verhalten
dazu durch unser Tagesbewusstsein, wie es nach dem
fortlaufenden Walten der Dynamik des Kosmos verlaufen
muss; daher lassen sich die Ereignisse auch vorhersehen
(in einzelnen Fällen wenigstens), wenn man das will. Vollkommen
und ganz bildscharf kann dieses Vorhersehen
schwerlich sein, weil die Zusammenfassung aller dazu nöthigen
äusserst verwickelten kosmischen Evolutionen die Leistungsfähigkeit
des menschlichen Gehirns übersteigt; der Versuch
würde schon allein an dem erforderlichen Zeitaufwand
scheitern. Vieles erkennen wir jedoch im Voraus.*)
Panizza meint, das Dämonische (ich nenne es also das
Natürlich-Somnambule) im Menschen weise auf einen trans-
scendentalen Ursprung hin. Dafür würde objektiv allerdings
der Spiritismus sprechen, wenn wir mit Hülfe unserer somnambulen
Psyche in der That mit Geistern verkehren können;
andere und zwar subjektive, philosophische Gründe für diese
Anschauung findet man des Näheren in Panizza's Schrift.
IL Abtheilung.
Theoretisches und Kritisches.
Der Kampf um den Spiritismus,**)
Von Dr. Falk Schupp in München.
Mehr und mehr scheint der Spiritismus in Deutschland
in die Phase des wissenschaftlichen Interesses zu treten,
nachdem sein erstes Hereinfluthen, welches in das Ende der
70 er Jahre fiel, nur ganz vereinzelte Forscher zu ernsthafteren
Versuchen veranlasst hatte. Wie es bei der damaligen
Konstellation der öffentlichen Meinung sowohl, als auch
*) Ich mache die Leser auf meinen neuesten Artikel „Gestirne und
Schicksal" in der „Kritik" No. 183 vom Dezember 1899 aufmerksam.
**) Vortrag gehalten am 20. Oktober 1899 m der „Gesellschaft für
wissenschaftliche Psychologie" zu München.
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