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Ein neues Wunderlicht.
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winnen sie selbst die Eigenschaft, solche Strahlen auszusenden
, d. h. zu phosphoresciren, ohne dass sie vorher grellem
Licht ausgesetzt waren.
Wenn nun in diesen Beziehungen die Röntgenstrahlen
von den Becquerelstrahlen übertroffen werden, so sind die
letzteren den ersteren insofern unterlegen, als die Becquerelstrahlen
nicht thierische Gewebe durchdringet), also auch
nicht zur Durchleuchtung des menschlichen Innern verwandt
werden können, wie die Röntgenstrahlen. Dagegen besitzen
die Becquerelstrahlen und die Körper, welche sie aussenden,
eine ganze Reihe anderer merkwürdiger Eigenschaften. So
sind z. B. solche die Becquerelstrahlen aussendende Körper,
welche in Krystallform mit nicht lauter gleichen Axen
vorkommen, dichroitisch, d. h. von der einen Seite betrachtet
sehen sie anders aus, als von der anderen Seite gesehen.
Ein solcher Körper sieht z. B. citronengelb aus; dreht man
ihn jedoch um 90°, so sieht er blutroth aus!
Andere Eigenthümlichkeiten der Becquerelstrahlen erinnern
sehr an das Kathodenlicht. Wenn man durch Glasröhren
, die mit verdünntem Gas gefüllt sind — sogenannten
Geisler'sehen oder Crookes'schen Röhren — den elektrischen
Strom gehen lässt, so gehen bekanntlich sowohl von der
Eintrittsstelle des elektrischen Stromes in den Gasraum, als
auch namentlich von seiner Austrittsstelle Leuchterscheinungen
aus: die letzteren bilden das sogenannte Kathodenlicht
. Der Berliner Professor Goldstein hat nun gefunden,
dass gewisse Metallsalze, wenn sie einige Zeit vom Kathodenlicht
bestrahlt wurden, ihre Farbe verändern, für längere
Zeit ganz anders aussehen, als gewöhnlich; so haben auch
die Becquerelstrahlen die Fähigkeit, die Farben gewisser
chemischer Körper dauernd zu verändern. Einzelne Bestandteile
des Kathodenlichts werden durch Einwirkung
des Magneten aus ihrer geraden Richtung abgelenkt; ein
Korrelat dazu bietet die Eigenschaft der Becquerelstrahlen,
die Richtung abzuändern, in der Magnete ihre hauptsächlichste
Kraft ausüben.
Eine der merkwürdigsten und wichtigsten Eigenheiten
des Becquerellichts, die sowohl das Ehepaar Curie, als auch
die Herren Elster und Geitel festgestellt haben, ist, dass
sie die Elektrizität lebhaft zerstreuen. Wohl Jeder erinnert
sich noch aus dem Schulunterricht in der Physik, dass bei
Regen- oder Nebelwetter die elektrischen Experimente nicht
gelingen wollten; die feuchte Luft ist eben ein guter Leiter
der Elektrizität, und sowie der experimentirende Physiklehrer
durch energisches Drehen der Elektrisirmaschine
so viel Elektrizität hervorgebracht hatte, dass er meinte,
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