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206 Psychische Studien. XXVII. Jahrg. 4. Heft. (April 1900.)
Pathologie eine ßeflexerscheinung nennt. Um
also unsern Gedanken in kurzen Worten möglichst präzis
auszudrücken, werden wir sagen müssen: das Phänomen der
Geistererscheinung ist ein provozirtes Halluzinations-
Phänomen, das durch eine demVisionär fremde
Macht hervorgerufen wird (also, wie andere Forscher
sich ausdrücken, eine „wahre" richtiger: eine etwas Wirkliches
andeutende Halluzination. Vgl. „Psych. Stucl" Januar-Heft,
Fussnote auf S. 13. — Ked.). Wir glauben ohne Prahlerei
behaupten zu dürfen, dass diese Erklärung der Wahrheit
nahe kommt, und wenn diejenigen, welche alle Gespenstererscheinungen
auf die blosse oder auf die Selbst-Halluzination
zurückführen wollen, sich, wie wir, dem Experimentiren mit
Versuchspersonen widmen wollten, anstatt in ihrem Lehnstuhl
zu bleiben, so würden sie sehr rasch den ungeheueren
Unterschied im Charakter bemerken, welcher zwischen der
auf sich selbst ausgeübten und vermöge von aus dem eigenen
Wesen geschöpften Kräften hervorgerufenen Wirkung, der
Auto-Magnetisation und Auto-Halluzination (bezw. Selbst-
Hypnose — Red«) einerseits, und dem durch eine fremde
Macht auferlegten Effekt andrerseits besteht.
Wir werden auf diese Beobachtungen zurückkommen,
wenn wir demnächst eine Arbeit über die bewussten
Träume veröffentlichen werden. Schon seit mehreren
Jahren verfolgen wir und zwar an uns selbst die sehr heikle
und ziemlich peinliche Untersuchung dieser Arten von
Träumen. Reiche Entdeckungen können auf diesem merkwürdigen
Gebiet gemacht werden, welche ohne Zweifel auch
der Theorie von den Phantomerscheinungen zu Gute kommen
und den wesentlichen Unterschied zwischen den Bildern der
blossen Auto-Halluzination und denen der von aussen
durch einen fremden Eindruck hervorgerufenen Halluzination
noch deutlicher zeigen werden.
Ein Fall von doppeltem Bewusstsein.
Von Dr. med. Wolfg*aiig Hohn,
praktischer Arzt in Wüster (Holstein).
Mittheilung aus der G. P. F., Breslau, Sektion für
Psychiatrie und Hypnose.
(Fortsetzung von Seite 147.)
Der Wechsel der Persönlichkeit. — Die Unterbrechung
der Persönlichkeil
Der Ausfall ganzer Reihen bei dem Symptom der Unterbrechung
der Persönlichkeit und des alternirenden Bewusst-
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