Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
27. Jahrgang.1900
Seite: 239
(PDF, 212 MB)
Bibliographische Information
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Parapsychologie und Grenzgebiete der Psychologie

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Didier: Was ist Wahrheit?

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forschern beobachtet man dergleichen sehr häufig, ohne
dass man deshalb berechtigt wäre, sie für sinnesgestört zu
halten.

So hielt der scharfsinnige Naturforscher Dr. Kunze
jenen in nordamerikanischen Felsen entdeckten Lebenskeim
für das Morgenröththierchen (Eozoon), während ein zweiter
ihn für eine Pflanze hielt. Das Merkwürdige hierbei ist,
dass die Argumentation beider Denker logisch durchaus
richtig ist. Dieses Beispiel ist unanfechtbar, obwohl gewisse
Leute nur zu gern ihre Zweifel dabei haben möchten!
Aber wie man will, es giebt noch viel evidentere. Die
sogenannte Farbenblindheit, wonach ein gesundes, normal
gebautes Auge, Farbeneffekte falsch unterscheidet, während
ein krankes, anormales Auge korrekt empfindet, ist ein so
heikler Punkt in der Wissenschaft, dass sogar die Sen-
sualisten und selbst die „Vollsinnigsten", daran hängen
bleiben. Man kommt hier nicht damit weg, zu meinen,
das sei lediglich Sache der (iewohnheit und Anlernung.
Nehmen wir ein Porträt oder eine Landschaft nicht einmal
vom ersten besten Maler und vergleichen wir sie mit ähnlichen
Bildern, so werden wir bemerken, wie ungleich
empfunden die Farbeneffekte sind, oft sogar ganz —
„unnatürlich11, obgleich durch Mischung der Farben selbst
die feinsten Nüancen erzielt werden können. Indes würde
keiner der Meister einen ihm insinuirten Fehler nach dieser
Seite hin zulassen wollen und es muss gewiss für sehr
schwierig gelten, ein massgebliches Urtheil hierin zu sprechen.
Mit dem Hören verhält es sich gar nicht anders. Es ist
absolut irrig, wenn man glaubt, wir hören bestimmte Naturlaute
überall und aus jeder Quelle gleich. Der Laut u klingt
einem Anderen wie ü, ae wie ö, au wie o und dies gar
wie i; ei und eu empfinden die meisten Völker gar nicht
wie wir, und es wäre sehr beschränkt, diese Verschiedenheit
etwa mit der Sprach- und Sprechfähigkeit erklären zu wollen.
Der Verfasser hat während seiner eingehendsten Sprachstudien
innerhalb vierzehn orientalischen und occidentalischen
Sprachen — doch beherrscht er nur vier Sprachen — die
Beobachtung gemacht, dass richtiges Hören allein ausschlaggebend
ist für die richtige Wiedergabe im Aussprechen
der Laute und nicht die sogenannte Uebung. Am auffälligsten
erwies sich diese Thatsache beim Studium des
Russischen, wo ihm der Lehrer das Zeugniss gab, schon
in der ersten Stunde vollständig getreu das Russische ausgesprochen
zu haben. Französisch und Italienisch weiss er
denselben Mutterlaut zu geben, wie die Eingeborenen die
Sprachen selbst; hingegen vermag er das Englische nicht


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