Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
27. Jahrgang.1900
Seite: 240
(PDF, 212 MB)
Bibliographische Information
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240 Psychische Studien. XXVII. Jahrg. 4. Fleffc. (April 1900.)

gut auszusprechen, obgleich er es an Ort und Stelle Jahre
lang gelernt hat und auch eine grosse Fertigkeit im schriftlichen
Verkehr besitzt. Eine Dame (Spanierin), die niemals
Deutsch gehört hatte, vermochte spezifisch deutsche Laute
sofort beim ersten Versuch richtig auszusprechen, was ihr
merkwürdiger Weise bei dem der spanischen Sprache immerhin
verwandteren Französisch so gut wie nicht gelang; trotzdem
kannte sie diese Sprache seit ihrer Kindheit. Englische
und italienische oder auch russische Laute waren ihr
unmöglich auszusprechen. Solcher Beispiele wüsste ich noch
sehr viele, allein es ist hier nicht Raum genug, sie anzuführen
. Diese Hör-Unterschiedlichkeiten geben den
betreffenden Individuen allerdings einen gewissen Vorzug
vor solchen, welche eben nicht so korrekt, hören und daher
auch nicht so getreu wiederzugeben vermögen; allein denselben
auf die ganze Individualität ausdehnen zu wollen,
ist nicht wohl angängig, wie es auch irrig wäre, den Anderen
eine sogenannte Anästhesie zu unterschieben.

Aber auch die gänzliche Stumpfheit der Sinne, also
des Geruchs, Gefühls, Gesichts, Gehörs oder des Geschmacks,
kann keine Grenze für die Bestimmung des persönlichen
Werthes eines Individuums bilden und in moralischer Hinsicht
ist sie unter keinen Umständen die Prärogative des
Menschen überhaupt. Der Feinschmecker, der dessen Ohr
den leisesten Tritt vernimmt, dessen Auge den kleinsten
Gegenstand deutlich wahrnimmt, dessen Fingerspitzen so
zartfühlend tasten, und der schon beim schwächsten Geruch
seine Empfindung äussert, ist deshalb noch lange nicht ein
vollendeter Mensch; ja, er wird sogar einer der aller-
niedrigsten sein, sobald ihm auch nur die bestimmte
Energie fehlt. Kapoleon war ebenso feinsinnig als er scharfsinnig
war; nichtsdestoweniger machten ihn diese Eigenschaften
keineswegs zum grossen Mann, sondern lediglich
seine wahrhaft titanische Thatkraft, wodurch er der Welt
sogar neue Bahnen der Moral vorgezeichnet hat. Beethoven
hatte bekanntlich sehr mangelhafte Sinneswerkzeuge und
doch steht er gleich einem Monument in der Menschheitsgeschichte
. Hieron. Lorm, der talentvolle Romanschriftsteller,
stellt nur das Fragment eines der Sinne beraubten Menschen
dar, und doch wird Niemand seine wahrhaft phänomenale
Bedeutung in kultureller Hinsicht abstreiten mögen.

Und in der That, Legion ist die Zahl derjenigen
Geistesheroen alter und neuer Zeit, welche sozusagen
konträr empfanden, deren Werke indes die Richtschnur
zum sittlichen Handeln für die Allgemeinheit noch heute
bilden. Hiermit fällt der berühmte Satz des Aristoteles:


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