Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
27. Jahrgang.1900
Seite: 255
(PDF, 212 MB)
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Litteraturbericht

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so muss auch das Urtheil darüber sein. Denn dieses galt dem Werk, nicht
der Persönlichkeit. Em Werk aber muss sich durch sich selbst vertheidigen.
Der Grundsatz „de mortuis nil nisi bene" kann daher nur insoweit gelten,
als es die Pflicht ausdrückt, die Persönlichkeit des Todten unangetastet zu
lassen. — Noch in anderer Richtung ist die Aufgabe schwierig. Das letzte
Werk eines Autors bildet oft den Schlussstein eines langjährigen Gedankenbaues
. In diesem Zusammenhange muss sich auch das Urtheil bewegen.
So wird das Urtheil über das einzelne Werk zum Urtheil über das gesammte
Lebenswerk. Mit der Bedeutung des Todten wächst naturgemäss die
Schwierigkeit dieses Urtheils. —-

Die vorliegenden Werke können nur aus der gesammten litterarischen
Persönlichkeit ihres Verfassers heraus gewürdigt werden. Als du Prei sie
schrieb, war er mit seinen Theorien fertig. Gewisse Hypothesen, wie das
Dasein eines transscendentalen Subjekts oder eines animalischen Magnetismus,
galten ihm derartig als bewiesen, dass er mit ihnen wie mit feststehenden
Thatsachen rechnete. Es kann nicht die Aufgabe dieser wenigen Zeilen
sein, die Ansichten du PrePs einer Kritik zu unterziehen. Ein wissenschaftliches
System jait ein paar Worten abzuthun ist zwecklos und
unwissenschaftlich. Dagegen möchte ich mit einigen Worten auf die
Arbeitsmethodik du Prelis und ihre Bedeutung zu sprechen kommen.

du Prei hat zwei unleugbare Verdienste um die Psychologie: Er
machte ihr ein grosses Thatsachengebiet zugänglich und verstand es, darin
Probleme zu suchen und zu Iii)den. Die Beherrschung des Stoffes und
seine geistige Durchdringung gehen bei ihm Hand in Hand. Beim Beginn
seiner wissenschaftlichen Thätigkeit fand er H nur zwei Werke vor, die den
zerstreuten Stoff gesammelt hatten: die Werke Schindlers und Pet ly's.
Schindler hatte bis zum Jahre 1857 vorgearbeitet, Perty's Thätigkeit
erstreckte sich bis 1883. An ihn anknüpfend hat nun du Prei zahllose
Zeitschriften und Bücher fortlaufend exzerpirt und ihren Inhalt systematisch
verarbeitet. Seine Belesenheit ist einzig. Durch du Pr ei wurde der Wissenschaft
eine Litteratur zugänglich gemacht, die zum grossen Theil fast
unbeachtet war. Ermöglicht wurde dieser Fortschritt freilich durch die
gleichzeitige Thätigkeit lVütig% Aksakotv's und Jliesewetler's. Besonders
verdienstvoll war ein Versuch, die Phänomene der Spiritisten mit denen
dei alten Mesmeristen zu verknüpfen, kerner, Nees van Ebenbeck und
Schindler (1853) hatten dies zwar schon vor ihm gethan. Doch waren
ihre Vorarbeiten so gut wie vergessen worden, du Prei war aber nicht
nur ein Kärrner, der zusammenfegte was zerstieut umher lag, er war auch
ein Geist, der die Thatsachen beherrschte und in ihnen die schlummernden
Probleme fand. Was er anfasste, wurde zum Problem. Die kleinste That-
sache genügte ihm, um darin mit unvergleichlichem Scharfblick die Wurzeln
eines Problems zu finden. Er hat darin selbst den genialen Schindler bei
weitem übertrofFen. du PreVs Werke bieten daher stets einen wirklichen
Genuss, der noch durch die ästhetische schöne Form der Darstellung erhöht
wird. Man lese nur das Vorwort seiner „Magie" und man wird einen Begriff
du iVtf/'scher Darstellungskunst erhalten! An Kühnheit der Gedanken, an
Glans ihrer Form steht er unter den Okkultisten einzig da.

Dass solche Vorzüge blendeten und bestachen, war nicht zu verwundern.
Sie täuschten über manche Schwächen hinweg und schufen dem grossen
Todten eine Gemeinde blindgläubiger Anhänger. Es gab Kreise, die nur
du Prei gelten lassen wollten, die seine Worte und Ideen ungeprüft als
Wahrheit hinnahmen. Doch es fehlten auch nicht die Feinde, die mit
Schadenfreude auf seine Schwächen hinwiesen und darüber die Verdienste
du Prelis vergassen. Ihm, dem glänzenden Polemiker, der kampfesfreudigen
oppositionellen Natur konnte es natürlich nicht an Feinden fehlen. So schwankte
sein Bild, voü der Parteien Hass und Gunst verwirrt, in der Geschichte.

Man beginnt jetzt sich zu besinnen. Die Bewunderung und der Tadel
haben ruhiger Würdigung Platz gemacht. Man wird dadurch dem schlichten


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