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Bormann: Die Eröffnung eines Dokumentes über Prophetie eto. 259
feschehenen Dokumentsöffnung erklärte. Als nach der
jröffnung dagegen der Wortlaut des Protokolles ihm darin
nicht Recht gab, war er der Meinung, dass in seinen eigenen
vor dem Baron du Prel gemachten Angaben dieser Untergang
wohl bemerkt worden, aber in der von du Prel ihnen
gegebenen Fassung ausgelassen sei, was er selbst bei einer
zu raschen Durchsteht des Protokolles vor seiner Unterzeichnung
mit noch anderen kleinen Fehlern übersehen habe.
Auf den allergenauesten Wortlaut im Anschluss an die
verkündete Wahrsagung kommt bei der Prüfung selbstverständlich
alles an und darum ist jede Verschleppung einer
Niederschrift, die dann nicht von der unmittelbaren Frische
des Gedächtnisses unterstützt wird, vom Uebel. Bei rechter
kritischer Abschätzung sind, falls ohne sofortige Niederschrift
die Hörer von Prophezeiungen nach Ablauf aller Ereignisse
hinterdrein ihr Urtheil abgeben, zwei Möglichkeiten zu
bedenken:
1) Da erst der Eintritt der Vorfälle, um die es sich
handeln kann, auf die räthselbaften und meist in einigem
Dunkel gehaltenen Anspielungen der Wahrsagungen sein
Licht wirft, kann nur zugleich mit der Erfüllung der eigentliche
Sinn der Prophezeiung recht erfasst werden und damit wird
auch mit allem, worauf es ankommt, ihr dem Gedächtniss
entschwundener Wortlaut begreiflicher Weise, indem er jetzt
erst ganz verständlich wird, oft erst wieder klar bewusst.
2) Die Einbildungskraft kann aber auch nach Massgabe
der geschehenen Ereignisse unversehens und unbewusst auf
das Leichteste die Erinnerung fälschen und die Prophezeiungen
, zumal wenn später geschehene Ereignisse sich mit
ihrem Sinne einigermassen berühren, unter manchen oft ganz
geringen Veränderungen in eine Form bringen, die sich mit
den Ereignissen deckt. Dass Herr Maler Frosch dem Baron
du Prel von einem geweissagten Untergang des Panoramas
gesprochen habe, ist wenig wahrscheinlich; denn, wenn er
das gethan hätte, würde du Prel doch kaum zu den gewundenen
Ausdrücken gekommen sein, wie sie das Protokoll
enthält: „das Bild wird fertig werden; aber es wird etwas
geschehen, was mit dieser Geschichte, diesem Bilde, in
Verbindung steht, und an dem werden Sie — Piglhein —
zu Grunde gehen." Es macht vielmehr den Eindruck, als
ob Herrn Frosch die genaueren Worte des Propheten entfallen
gewesen seien, was nach einer Zwischenzeit von mehr
als 6*/2 Jahren nichts Verwunderliches ist, und dass er
deshalb die Wahrsagung in unbestimmteren Wendungen
wiedergab, mit welchen er zwar ihren Sinn nicht sicher zu
treffen, aber auch nicht ganz zu verfehlen hoffen durfte.
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