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262 Psychische Studien. XXVII. Jahrg. 5. Heft. (Mai 1900.)
Piglhein zu Grunde zu richten vermögend war? Ausser dem
Prozess und dem Untergange des Bildwerkes selbst lassen
sich da schwer Möglichkeiten erdenken. Ein nochmaliger
Prozess von mehreren Jahren folgte auch noch nach dem
Brande des Panoramas, weil die österreichische Versicherungsgesellschaft
„Phönix" sich weigerte, die festgesetzte Versicherungssumme
von 150000 Mark zu zahlen, bis sie
schliesslich mit geringem Abzüge die Summe verabfolgte.
Ob auch unter diesem Prozesse Piglhein irgend wie mit den
Besitzern des Panoramas zu leiden hatte, ist uns unbekannt.
Für die exakte Bestätigung der Prophezeiungen Laing's
würde gerade die Feststellung seiner Wahrsagung des
Panoramaunterganges besonderen Werth besitzen, da der
gemäss der Weissagung innerhalb jener zehn Jahre eingetretene
Tod von Piglhein^ in Anbetracht, dass während eines
solchen Zeitraumes manches Menschenleben abschliesst,
keinen erheblichen Werth hat und eigentlich nur in so weit
von Gewicht ist, als er, ohne eine Bestätigung zu liefern,
wenigstens keine Widerlegung der W eissagung ist, was sein
Nichteintrefien gewesen wäre.
Dass aber der jähe Untergang seines umfassend angelegten
Bildwerkes den bereits herzleidenden Meister auf
das Tiefste berührt habe, also wohl sein Ende zu beschleunigen
im Stande war, das ist mehr als blos willkürliche Annahme,
das lässt sich auf Grund jeder psychologischen Erfahrung
bei Künstlernaturen mit Gewissheit voraussetzen. Bestätigung
hierfür giebt Herr Hauptmann Halder, der einstige Besitzer
jenes Panoramas, indem er mir aus Burghausen a. Salzach
schreibt. „Erregt hat ihn der Verlust seines grössten Werkes
sehr. Als ich ihm in seinem Atelier (Landwehrstr. 73) am
am 28. Morgens die Unglücksdepesche gab, vor meiner sofortigen
Abreise nach Wien, nmarmte er mich und wir
weinten alle zwei wie kleine Kinder. Dann ermannte er
sich und sagte: Das Holzhaus in der Goethestrasse 45 steht
ja noch; inhibiren Sie sofort den Abbruch; wir malen eine
neue Kreuzigung und sie soll besser werden als die erste.
— Er hätte das für 80 Mille gethan. [Er hatte für die
erste Herstellung 150,000 Mille erhalten!] Ich stellte sofort
die Abbruchsgeschäfte ein und reiste nach Wien, dann
Dresden zu meinem Socius Herrn Notop. Ich beschwor ihn.
die Neumalung vorzunehmen, aber er schlug es rundweg
ab." — Der Piglhein sehnlich spornende Drang, das Werk
von Neuem zu schaffen, erweist schon allein, wie schwer
diese Vernichtung seiner Arbeit ihn traf. Dazu nehme man
die Einwirkungen des über das noch unzerstörte Panorama
vorhergegangenen aufregenden Prozesses, der eben auch ein
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