http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1900/0362
W. Bohn: Ein Fall von doppeltem Bewusstsein. 355
fasst nur einen ganz kleinen Zeitraum im Jahre 1882 und
seine Kindheit, alles andere fehlt.
III. Linksseitige Hemiplegie des Gesichtes und der
Extremitäten und Hemianästhesie. Ehrlieh und disziplinirt.
Patient glaubt in Bicetre zu sein. Von den folgenden Ereignissen
ist ihm nichts mehr bekannt.
IV. Lähmung und Anästhesie des rechten Beines, der
übrige Zustand wie bei IL
V. Paraplegie. Es besteht Contractur in Extensions-
stellung, Anästhesie der unteren Körperhälfte; Patient glaubt
in Bonneval zu sein, ist höflich und etwas unbeholfen; jede
Erinnerung an Geschehnisse nach seinem Aufenthalt zu
Bonneval ist erloschen,
VI. Linksseitige Lähmung und Contractur, Arm
flectirt, Bein extendirt. Er glaubt siebzehn Jahre alt und
in Bonneval zu sein, an den Aufenthalt in St. Urban erinnert
er sich noch.
VII. Keine Lähmung, leichte Anästhesie des linken
Beines. Patient ist geschickt und gewandt, aber zaghaft wie
ein Kind. Er meint in St. Urban (1877) zu sein. Seine
Erinnerung reicht bis zum Anblick der Schlange.
VIII. Keine Lähmung, linksseitige Hyperästhesie (Zustand
mit zweiundzwanzig Jahren). Patient glaubt Soldat
zu sein und benimmt sich correct. Seine Erinnerung um-
fasst die paraplegische Zeit in St. Urban und Bonneval.
Diese acht Zustände entsprechen nicht ganz den
Bildern, wie sie im Verlaufe der Geisteskrankheit spontan
sich zeigten. Sie sind zum grossen Theil ein Kunstproduct
des hypnotischen Versuches, bewirkt durch Anlegung eines
Magneten an gewisse Körperstellen, häufig mit der Suggestion
, dass er sich dort und dort befinde. Immer aber
erregt dieselbe Art des Anlegens denselben Bewusstseins-
zustand.
Die französischen Forscher legen ja darauf grosses
Gewicht, — mich will bedünken, dass, wenn nichts Schlimmeres
, so doch immerhin eine Trübung des wirklichen
Krankheitsbildes das Resultat dieser Versuche sei. Immerhin
ist die Verknüpfung einer Berührung oder die Suggestion
eines Namens mit einer darauf folgenden Veränderung
der motorischen und sensiblen Erregbarkeit zugleich mit
einer Abspaltung grosser Reihen von Vorstellungen und
Erinnerungen durchaus den oben citirten Worten Janets
über den Geisteszustand der Hysterischen entsprechend. —
Ist uns in den letzten Fällen das alternirende Bewusstsein
in seiner Verbindung mit gröberen, im Gebiete der
Körperlichkeit liegenden hysterischen Symptomen entgegen-
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1900/0362