Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
27. Jahrgang.1900
Seite: 372
(PDF, 212 MB)
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372 Psychische ßtudien. XXVII. Jahrg. 6. Heft. (Juni 1900.)

Was ferner die Frage betrifft, ob ein wahrer Christ
heirathen, resp. Kinder in die Welt setzen könne, so hat
mich Herr ö. nicht überzeugt. Ich verzichte darauf, weiterhin
mit Bibelstellen zu operiren; denn die biblischen Aussprüche
fasset nicht Jedermann, sondern Denen es gegeben ist.
Möglich, dass es mir nicht gegeben ist; es bleibt mir dann
indessen der gute Trost, dass es einem Schopenhauer und
einem Mainländer auch nicht gegeben war. — Ich möchte
es jetzt vielmehr mit zwei anderen Waffen versuchen. Herr
G. — fast darf man sagen: ein weisser Rabe in seiner
Eigenschaft als protestantischer Pfarrer — hat sich als
Pessimist bekannt und als solcher mir einen Vorwurf daraus
gemacht, dass ich einen schwachen Versuch gewagt, eine
Ehrenrettung des christlich-protestantischen Optimismus zu
unternehmen. Wohlan, wenn der echte Christ pessimistisch
gesinnt ist, wie kann er dann durch Geschlechtsverkehr
andere Wesen (die nach christlicher Anschauung vorher
nicht existirt haben) zu diesem leidvollen Dasein verdammen,
dem im Jenseits höchst wahrscheinlich auch noch einige
Höllenstrafen folgen ? Als richtiger Pessimist muss er meiner
Ansicht nach vielmehr mit Alex. v. Humboldt („Memoiren")
sagen: „Ich halte das Heirathen für eine Sünde, das Kinder-
erzeugen für ein Verbrechen.» .. Ich sehe es voraus, dass
unsere Nachkommen noch weit unglücklicher sein werden,
als wir; — sollte ich nicht ein Sünder sein, wenn ich trotz
dieser Ansicht für Nachkommen, d. h. für Unglückliche
sorgte?4< — Mein zweites Argument ist folgendes: Sollte
man nicht dann der rechte Christ sein, wenn man in allen
Stücken Jesu nachzufolgen bestrebt wäre? Der Einwand,
dass Christus im Gegensatz zu anderen Menschen nicht
verpflichtet war, „als Geburtshelfer zu dienen," scheint mir
eben nur vom Standpunkte der nicht christlichen Rein-
karnationslehre gemacht werden zu können. Im Lichte
dieser Lehre gewinnt die Ehefrage freilich eine ganz andere
Bedeutung, die ich durchaus nicht verkenne. Da kann
allerdings gefragt werden, ob es nicht — wie mir auch
du Prel schon vor vielen Jahren einmal schrieb - eine
Pflicht sei, „durch eheliches Geschlechtsleben Anderen den
Eintritt in das Diesseits zu ermöglichen." Wenn man indessen
diese Pflicht zu sehr betonen und den Geschlechtstrieb etwa
gar als Aufforderung zu ihr hinstellen wollte, dann könnten
nur zu leicht Zustände geschaffen werden, wie sie Luther'%
Anfeindung der Keuschheit in der ersten Zeit der Reformation
gezeitigt hat. Sobald man nämlich mit Luther die Enthaltsamkeit
für ein Ding der Unmöglichkeit erklärt, sind der
Hurerei und dem Ehebruch Thür und Thor geöffnet. Denn


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