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Maier: Somnambulismus und Spiritismus«
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Wie man aus den dem Artikel beigefügten CliehSs selbst
urtheilen kann, besteht zwischen den auf diesem Schriftstück
befindlichen authentischen und den von Fräulein Smith in
Trance automatisch geschriebenen Unterschriften eine ganz
auffallende, von Schreibverständigen nicht zu verkennende
Aehnlichkeit. — Prof. Flournoy suggerirte seinem Medium in
wachem Zustand, sie müsse irgend einmal zufälliger Weise
Akten oder Dokumente in die Hand bekommen haben, die
von jenen beiden Personen unterschrieben waren und die
von ihr längst vergessenen, aber im Somnambulismus wieder
auftauchenden sichtbaren Abdrücke jener Unterschriften
werden ihr wohl als „innere Modelle" gedient haben, als
ihre Hand diese Unterschriften nachzeichnete. Fräulein Smith
protestirte jedoch sehr energisch gegen diese Annahme und
ihr Protest wurde dadurch unterstützt, dass in der nächstfolgenden
Sitzung der würdige Pfarrer in bester und
gehöriger Form die Identität und Authentizität seiner
Unterschrift selbst bestätigte. Er sah sich sogar veranlasst,
noch zwei Mai darauf zurückzukommen; da er nämlich sich
zuerst in der Rechtschreibung seines Namens Burier anstatt
Burnier*) geirrt hatte, strich er in fieberhafter Aufregung
durch die Hand des Fräuleins zwei Mal wieder durch, was
er soeben geschrieben hatte und brauchte volle 7 Minuten
dazu, um die folgenden Linien hinzuzeichnen: „Ce vingt
et un de mai je certifie ä tous ceux a qui la eonnaissance
appartient, que je suis Hurnier, eure de Chessenaz (Heute
am einundzwanzigsten Mai bestätige ich allen denen, die
es zu erfahren wünschen, dass ich wirklich Burnier, der
Pfarrer von Chessenaz, bin.)" Auch hierbei ist die Aehnlichkeit
der Schrift mit der von der Mairie von Chessenaz
eingesandten augenscheinlich. —
Es ist ganz natürlich, dass die Spiritisten hierin einen
neuen, werthvollen Beweis für ihre Theorie der Einwirkung
entkörperter Geister erblicken werden. In einer der „Societe
d'Etudes psychiques de Geneve" am 4. März 19C0 gemachten
Mittheilung über die „Verschiedenheit der spiritistischen
Phänomene" bemerkt hierüber Herr Louis Gardy (nach „Le
Messager" vom 1. Mai er.) u. a., wie uns scheint, nicht mit
Unrecht: „Nachdem die offizielle Wissenschaft, für welche
der Glaube an Geister und die Möglichkeit von Kundgebungen
solcher der Gipfel des Aberglaubens ist, sich
(N.B. in Deutschland wohl noch lange nicht! — Red.)
genöthigt sieht, die Realität derartiger Phänomene zuzu-
%) Gerade dieser Nebenumstand könnte u. E. auf mangelhafte
somnambule Erinnerung des Mediums gedeutet werden. — Red.
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