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Kurze Notizen.
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1. Man sinkt in eine Tiefe, fällt in einen Abgrund oder
die Treppe hinunter. 2. Man kann nicht weg von einem
wilden Thiere oder einer gefährlichen Person oder Sache.
3. Man wird unwillkürlich zu einer gefährlichen Stelle, zum
Beispiel einem Feuer, hingezogen. 4. Ein Lieblingswunsch
wird erfüllt. 5. Man will auf Keisen gehen und
bekommt die Sachen nicht in den Koffer oder wird sonst
behindert. — Die Deutschen könnten noch einige Nummern
anfügen, zum Beispiel: Haben wir höhere Schulen besucht
und Examina überstanden, so werden unsere früheren Mängel
an uns noch im Traume bestraft: wir sollen in Mathematik
oder im Latein etwas leisten und sind uns unserer Schwäche
wohl bewusst, schauen dem alten Lehrer ins Auge, bis uns
der erlösende Gedanke kommt, dass wir unsere Examina
ja längst bestanden haben. — Es muss übrigens auch einmal
unseren Poeten gesagt werden, was wir nicht träumen.
Wir träumen nämlich sehr, sehr selten von der oder dem
Geliebten. (Wenigstens nicht zur Zeit des noch bestehenden
Liebesverhältnisses. — Red.) Wir singen nach
Franz Abt: „Du bist mein Traum in stiller Nacht" oder
nach Mendelssohn: „Wenn mir der stille Schlummer geschlossen
die Augen kaum, so schleicht das Bild (der Geliebten
) sich leise hinein in meinen Traum"; wahr ist das
aber nicht. Wenn wir wirklich einen verliebten Traum
haben, so kommt uns darin viel wahrscheinlicher eine ganz
unbekannte Phantasiegestalt entgegen, als die oder der
wiiklich Ersehnte.
e) Zur Beurtheilung der Entlarvung des
Hungerkünstlers Succi*) Die Thatsache, dass Succi
von Dr. Almreida in Rio de Janeiro beim Verzehren von
Eleischfasertabletten ertappt worden ist, hat jedenfalls nicht
die Bedeutung, die ihr von Vielen beigelegt wird, und wirft
die an demselben früher gemachten Beobachtungen keineswegs
über den Haufen. Zunächst bedenke man, dass ja auch
derjenige Mensch, dem anstatt der ganzen, für ihn noth-
wendigen Tagesration, nur ein kleinerer Theil derselben,
z. B. ein Viertel, dargereicht wird, schliesslicb daran zu
Grunde gehen muss, und so wäre es unfehlbar auch &, trotz
seiner verstohlenen Tablettenmahlzeiten, ergangen, wenn er
diese jedenfalls allzu spärliche Ernährungskost länger, als
für ihn ertragbar, fortgesetzt hätte. Selbst zugegeben, dass
er auch in den vorhergehenden Beobachtungsperioden die
Beobachter hintergangen, d. h. nicht absolut gehungert
hätte, so wäre damit noch sehr wenig bewiesen; denn der
*) Vgl. „Psych. Stud, ' 1900. II, S. 125.
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