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442 Psychische Studien. XXVII. Jahrg. 7. Heft. (Juli 1900.)
Unlauterkeit der Gegner gefälscht wird. Sie wollten aber
auch mit der offiziellen Wissenschaft in Verkehr treten, ihr
durch Wort und Schrift die vielen Unwissenschaftlichkeiten,
deren sie sich dem okkulten Gebiete und seinen Vertretern
gegenüber schuldig macht, zum ßewusstsein bringen,
andererseits wollten sie aber auch dahin streben, dass in
unserer eigenen Mitte des grossen Mystiker Goethes Worte
Beachtung finden:
„Verachte nur Vernunft und Wissenschaft,
Des Menschen aüerhöchste Kraft.
Lass nur in Blend- und Zauberwerken
Dich von dem Lügengeist bestärken,
So hab ich Dich schon unbedingt.«
Der Verband sollte ferner die Begründung neuer Ortsvereine
nach den Grundsätzen gewissenhafter und vernünftiger
Kritik begünstigen und durch Abhaltung von Wanderversammlungen
resp. Kongressen diejenigen Orte besuchen,
wo der Boden gewissermassen durch derartige Kundgebungen
erst vorbereitet werden muss. Aber auch die Aufgabe stellte
er sich, alle fragwürdigen Elemente auszumerzen, die unter dem
Namen von Spiritisten und Theosophen allerhand Schwindel
und U nfug treiben und damit den Gegnern die Waffen gegen
den Okkultismus in die Hände geben. Vorerwähnter unstreitig
erstrebenswerther Zweck sei jedoch trotz aller Mühen
des Verbandsvorstandes nicht zu erreichen gewesen. Die
Fernhaltung der okkultistischen Vereine vom Verbände, die
Lauheit der ihm beigetretenen und fernstehenden Gesellschaften
, welche den idealen Zweck des Verbandes verkannten,
die mangelhafte Beitragszahlung der Mitglieder, ihre Zurückhaltung
in Stellung irgend welcher Anträge an den Verband,
die ihm Anlass gegeben hätten, die Initiative zu irgend
welchen Aktionen im Interesse der gemeinsamen Sache zu
ergreifen, hätten den Verbandsvorstand vollständig lahm
gelegt. Die in Dresden, München und Berlin veranstalteten
Kongresse hätten die Unterstützung der dortigen Vereine
so gut wie gar nicht gefunden und der Besuch derselben
durch die Verbandsmitglieder sei ein so schwacher gewesen,
dass die durch die Kongresse beabsichtigte demonstrative
Wirkung nach Aussen unmöglich gewesen sei. Diese Zurückhaltung
habe daher den Vorstand eine beschämende Stelle
spielen lassen. Auch von den Herren, die er zu Vorträgen
für die Kongresse genommen habe, sei er in den meisten
Fällen noch in letzter Stunde im Stiche gelassen worden.
Man habe sich infolgedessen darüber schlüssig werden müssen,
ob es nach dieser Sachlage nicht empfehlenswerth sei, den
Verband aufzulösen, der augenscheinlich die Sympathien der
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