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450 Psychische Studien. XXVII. Jahrg. 7. Heft. (Juli 1900.)
der Versöhnung mit Gott nach unseren sinnlichen Ver-
irrungen. Halten wir daran fest, fest mit nie wankender
Treue, so werden wir den wahren Seelenfrieden erlangen
und die Ewigkeit wird offen und klar vor uns liegen.
Dr. Didier.
Kurze Notizen.
a) „Zur offenen Frage" des Herrn Pfarrer Gubalke
(Juni-Heft, S. 374) gestatte ich mir darauf aufmerksam zu
machen, dass das „Konzept" des „transscendentalen Lebenswillens
", wie Herr G., nach du Prel, unser immanentes
Schicksalsprinzip bezeichnet, sowohl astrologisch im Horoskop
mit minutiöser Genauigkeit (wenn auch hier wie in einem
Schema), als auch chiromantisch in den Schicksalszeichen
der Hände sichtbar hervortritt, woselbst auch am
besten die Disposition für violenten Tod, sei er nun
freiwillig oder unfreiwillig, abzulesen ist. Wenn jenes Prinzip
als „Wille" vorgestellt wird, so würde beim Selbstmord
der phänomenale Wille allerdings sich gegen den transscendentalen
auflehnen, wie du Prei meinte. Aber man kann
die Vorstellung anfechten, dass jenes Schicksalsprinzip ein
Wille sei; oder aber die beiden Willensmächte würden sehr
häufig im Widerstreit liegen, nicht nur beim Selbstmord,
den ich für keinen „Mordtf halte, da ein solcher eine Ver-
gewaltiguug eines anderen Willens voraussetzt, und das
könnte nur jener Schicksalswille sein. Damit ginge aber, wie
Herr Pfarrer G. ganz richtig sagt, der Monismus in die
Brüche. Wenn hingegen jener höhere Wille „mordet", so
ist jeder gewaltsame Tod durch Unglück eine Art Selbstmord
. Wir stehen somit noch vor der Frage, was jener
„transscendentale Lebenswille*4 eigentlich ist. Ich habe in
meiner Abhandlung über „Ahnungen, Prophetie, Hellsehen
und Astrologie" (Januar- und Februar-Heft der „Psych.
Studien") dasselbe Prinzip als natürlichen, latenten
Somnambulismus bezeichnet, der uns das Schicksalskonzept
vorschreibt. Ich möchte hier nur kurz bemerken,
dass diese über uns herrschende Macht, die sich also auch
unseres Willens bedient, ein intersubjektiv und
sozial thätiger Faktor ist, da die Horoskope, z. B.
von Verwandten, sich gegenseitig bedingen und ergänzen.
Streng genommen passt also die Bezeichnung als „Wille"
olfenbar nicht; sie ist auch nur vom phänomenalen Willen
vergleichungsweise hergenommen. Aehnlich liegt es mit der
Vorstellung als „Mentor", obgleich diese von der Voraus-
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