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Kurse Notizen.
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kleine Partie erschaue sie, welche ihr den Blick auf die
Stadt, in der sie New York erkenne, gewähre. (Der Rauch
hat also angeblich jedes „genauere Sehen" verhindert.
Nichtsdestoweniger will sie aber so viel gesehen haben, dass
es kein amerikanisches Schiff gewesen sei). — Schon die
„N. Sp. Bl." vom Januar 1898 prophezeiten einen „Brand
im Hafen von New York folgendermassen: „Die Seherin
blickt anscheinend auf einen ca. 4 Meter von ihr entfernten
Punkt des Pussbodens starr mit weit geöffneten Augen hin
und spricht darauf nach wenigen Augenblicken stillen Ver-
harrens in dieser Stellung: Das ist ein grosser Brand, ein
mächtiges Feuer, So viele Schiffe! Es brennt ein
Schiff. (Das Medium senkt das Haupt und schliesst die
Augen dabei). Alles schwarzer Hauch, kohlrabenschwarzer
Rauch; o, und wie dick! Das ist am
Land. Das brennt im Hafen. Ah, o — das ist aber
schlimm. (Hebt den Kopf etwas und senkt ihn nieder.
Dann schlägt es die Augen auf und sagt): Nimm ab, nimm
'mal das Tuch ab. (Noch etwas benommen ruft sie darauf):
Ist ein Riesenbrand in New York. Ich sehe ihn ja.u
(Vergl. auch „Uebersinul. Welt", Juni J 899). — Demnach
soll also wohl in Bälde noch ein weiterer, sehr grosser,
speziell die Stadt New York selbst betreffender Brand nachfolgen
. Was den von der Hellseherin gehörten „furchtbaren
Knall" betrifft, so hat bekanntlich die Hamburg-Amerikalinie
ihren Pier mit Dynamit in die Luft gesprengt; überdies
meldete schon ein dem Berliner „Lokal-Anzeiger" aus London,
1. Juli, 3 Uhr 30 Minuten Nachmittags zugegangenes Privattelegramm
: „Inzwischen griff das Feuer am Abende weiter
um sich und zerstörte alle Gebäude, während aus dem Feuermeer
unausgesetzt die Detonationen der Explosion der in
den Speichern aufgestapelten Oelfässer erschollen." — Die
Annahme einer rein zufälligen nachträglichen Bestätigung
eines in der Hauptsache so deutlich geschauten und
lokalisirten prophetischen Bildes scheint uns hier
mindestens sehr ferne zu liegen.
Auch die Tagespresse beschäftigt sich, natürlich in ihrer
Weise, mit dieser scheinbar eingetroffenen Voraussagung
der „Berliner Sibylle." So meint die „Berliner Morgenpost"
vom 5. Juli, Nr. 154 am Schluss ihres Berichts: „Wie oft
die Seherin „falsche" Kollekten (es handelt sich dabei um
angeblich bewährte Rathschläge der Dame in Lotterieangelegenheiten
) und „zu Wasser gewordene" Feuersbrünste
vorausgesagt hat, wird aus Höflichkeit verschwiegen" und
die „Augsb. Abendztg." vom 6. Juli, Nr. 183, die sich die
wunderbare Prophezeiung etwas näher und kritischer angesehen
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