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Schupp: Vom IV. Internat Payohologenkongreas zu Paris. 595
Ehe ich mir gestatte zu der speziellen Erörterung
meines Themas überzugehen, will ich nicht verfehlen, meine
Ansicht über die Bethätigungsmöglichkeit auf internationalen
Kongressen, wie über die Bedeutung derselben für die Fortschritte
der Wissenschaft hier kurz anzudeuten. — Was die
direkte inhaltliche Förderung der Wissenschaft anlangt, so
kann man, glaube ich, alle internationalen, vielleicht sogar
alle nationalen Kongresse ruhig streichen, ohne damit einen
einschneidend sich bemerkbar machenden Verlust zu bewirken.
Schon auf nationalen Kongressen, auf denen keine sprachlichen
Hindernisse bestehen, ist es mit der Publikation
funkelnagelneuer Thatsachen, welche noch nicht die Durchsiebung
der im letzten Grunde massgebenden gedruckten
Kritik erfahren haben, eine sehr missliche Sache. Wie viel
mehr auf internationalen Kongressen, auf denen Inkongruenz
der periodischen Literatur, Viersprachenherrschaft und
anderes mehr Missverständnisse befördert.
Wenn ich also die Bedeutung solcher Kongresse nach
dieser Seite hin nicht sehr hoch veranschlage, so anerkenne
ich umsomehr ihre Bedeutung in methodologischer Hinsicht
und als ausschlaggebend für die Frage, welche Aufgaben
in der Psychologie im Vordergrund stehen. Ein sorgfältig
organisirter Kongress wird immer in seiner Zusammensetzung
erkennen lassen, ob und welche Ideenverschiebungen seit
seiner letzten Tagung stattgefunden haben. Dasselbe Spiegelbild
wird aus seinen Vortragsdiskussionen hervorleuchten
und seine bedeutsame Mission wird sich eben hierin erfüllen.
Als Resultat der Tagung werden dann Impulse mit nach
Haus genommen, welche sich im engeren Kreis nationalwissenschaftlicher
Bethätigung zu werthvollen Konsequenzen
auswachsen können. Diese Impulse zu geben oder zu empfangen
, nicht aber fachwissenschaftliche Ciselierarbeit zu
treiben, soll meines Erachtens unsere Absicht hier sein, und
unter diesem Gesichtspunkt habe ich mir gestattet, ein
Thema anzuzeigen, das freilich, um erschöpfend behandelt
zu werden, weit mehr als die hier zu Gebot stehende Zeit
erfordert. —
Den Begriff des Somnambulismus kennen wir nun beinahe
ein Jahrhundert schon und, obwohl er bisher noch nie
eine ganz sichere Abgrenzung erfahren hat, ist anzunehmen,
dass er dieselbe Thatsachengruppe bald in grösserem, bald in
engerem, aber stets zu demselben Mittelpunkt konzentrischem
Kreise gedeckt hat. Für das hier zu Besprechende genügt
es., an die engste der Formulirungen anzuknüpfen, nämlich
an die, welche von den Nancyern ausging und in Deutschland
, England und den Vereinigten Staaten von vielen
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