Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
27. Jahrgang.1900
Seite: 638
(PDF, 212 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Parapsychologie und Grenzgebiete der Psychologie

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1900/0641
638 Psychische Studien. XXVII. Jahrg. 10. Heft. (Oktober 1900.)

hinein zu beurtheilen. Offenbar will aber unter
Zurechnungsfähigkeit nicht die Antieipirung der Objektfolgen
, sondern die der subjektiven Folgen gemeint sein.
Wenn ein fünfjähriger Knabe sein in der Wiege liegendes
einjähriges Brüderchen mit einem Ziegel so lange auf den
Kopf schlägt, wie dies thatsächlich vorgekommen ist, bis es
todt ist, um es nicht weiter hüten zu müssen, so zeigt er
zwar einen zur Ausführung seines Vorhabens sehr ausgebildeten
Verstand, dennoch wird ihn aber niemand für
seine That zur Rechenschaft ziehen wollen, weil er eben die
als Grundsätze allgemein geltenden Moralgesetze in sein
Gehirn, in sein Wissen noch nicht aufgenommen hat, so dass
er noch unfähig war, seine That als „böse" That zu be-
urtheilen. Im psychologischen Sinn ist vernünftig, wer
der Antieipirung des subjektiven Erfolgs seiner Handlungen,
einerlei ob dieselben moralisch sind, oder nicht, überhaupt
fähig ist, dagegen zurechnungsfähig derjenige, dem die
Antieipirung sowohl des objektiven als des subjektiven
Erfolges psychisch möglich ist, indem sein normal funk-
tionirender Gehirnapparat über das nöthige Mass von Wissen
verfügt; wer sich im letzteren Zustand befindet, muss dann
aber auch für seine That verantwortlich gemacht werden.
Denn der Staat entspringt (als „Reehtsverein") dem Bedürfnisse
des Schutzes jedes Einzelnen seiner Angehörigen;
um diesen Schutz ausüben zu können, ist er durch den
Willen der Staatsbürger mit der nöthigen Gewalt versehen.
In wie weit die Gesetze der staatlichen mit denen der
natürlichen Moral im einzelnen Eall übereinstimmen, kann
hier nicht erörtert werden. Wenn aber ein Zurechnungsfähiger
eine unmoralische Handlung begeht, so giebt er
damit einfach zu erkennen, dass die staatlichen Willensideen
bei ihm nicht als Grundsätze vorhanden sind. Es thut daher
der Staat nur seine Pflicht, wenn er durch unangenehm
sich fühlbar machende Strafen einerseits die Nichtbeachtung
seiner Gesetze als mit unangenehmen Folgen verbunden, so-
hin die unmoralischen Handlungen als böse Handlungen
dem individuellen Bewusstsein aufoktroyirt, andererseits
durch Vollzug der im Gesetz angedrohten Strafe seine
Autorität wahrt, ohne welche alle (besetze einfach unwirksam
und damit die einzelnen Bürger (namentlich die Schwächeren
gegenüber den physisch oder intellektuell Stärkeren) schutzlos
wären. Die Verbrecher (mit Berufung auf Lombroso's
bekannte Theorie) ohne Weiteres unter die Irren zu mengen,
wäre ebenso sinnlos wie zweckwidrig; denn der zurechnungsfähige
Verbrecher bedarf nicht wie der Irrsinnige einer
psychiatrischen, wohl aber einer (mit dem Universal-Heil-


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1900/0641