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644 Psychische Studien. XXVII. Jahrg, 10. Heft. (Oktober 1900.)
ihre Lebensäusserungen auf einem anderen als dem ursprünglichen
Seelenorgan zum Ausdruck zu bringen. Eine Präexistenz
ist also logisch durchaus möglich. Dann muss es aber auch
ein Fortleben nach dem Tode geben. Denn wenn wir unser
jetziges Dasein als die Fortsetzung einer früheren Existenz
ansehen können, so muss sich ersteres zum letzteren, wie
Diesseits und Jenseits verhalten. Das Scheiden aus dem
Diesseits geschieht durch den Tod, der Eintritt in das
Jenseits erfolgt durch die üeburt. Wir müssten also schon
einmal gestorben sein. Und unser eigenes derzeitiges Dasein
wäre ja somit der unwiderlegliche Beleg, dass es ein Leben
nach dem Tode giebt.
Woher kommt es aber, dass wir gerade in solchen und
nicht in besseren Verhältnissen uns befinden? Fragt den
Sträfling, warum er hinter Kerkermauern und nicht in
Freiheit sich bewegt. Er wird eben etwas angestellt haben.
So dürfen auch diejenigen unter uns, deren ganzes Leben
einem Verzweiflungskampfe um Sein und Nichtsein bedenklich
ahnlich sieht, etwas auf dem Kerbholz haben. Durch
deine Thaten, dein Thun und Lassen im Diesseits bestimmst
du selbst dein Schicksal in des Jenseits unerforschter Welt.
Das war es hauptsächlich, was ich den Arbeitern vortrug
, und was sie am meisten fesselte. Damit glaubte ich
den Okkultismus gegen den Vorwurf gesichert zu haben, dass
er einer jeden rationeller) Philosophie entbehrte und sich
in kindischen Spielereien, wie Tische laufen lassen und dergleichen
, erschöpfte. Und ich wünsche aufrichtig, es möchten
sich recht viele redegewandte Gesinnungsgenossen finden,
die das Problem von dieser Seite aus betrachten und einem
grösseren Publikum verständlich machen würden. Ein nachhaltiger
Erfolg — das ist meine feste Ueberzeugung —
müsste dann unausbleiblich sein.
Kurze Notizen-
a) ZurOdfrage erhielten wir nachfolgende schätzens-
werthe Zuschrift: „Ihre Fussnote, sehr geehrter Herr
Professor, S. 530 des September-Heftes c. giebt mir Veranlassung
, auf eine experimentelle Thatsache aufmerksam
zu machen, welche den Lesern der „Psych. Stud." noch
nicht bekannt sein dürfte. In der „Elektrotechnischen Zeitschrift
" hat E. Jahr Ergebnisse veröffentlicht, wonach die
Strahlung des Stahlmagneten auf die photographische Platte
wirkt, was übrigens schon Carl von Reichenbach zur Unterstützung
seiner Od-Forschungen 1861—1>63 nachgewiesen
hat. Dass man es aber Reichenbach in neuerer Zeit nicht
nachmachen konnte, lag an dem Umstände, dass Reichenbach
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