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Dankmar: Aus dem Mutterlande des modernen Spiritismus. 657
dringend nöthig ist, dass man nicht gleich bei allem
Räthselhaften, das man nicht auf den ersten Blick übersehen
und erklären kann, zu übersinnlichen Gründen oder
gar „Geistern" seine Zuflucht nehmen soll, da man hinterdrein
gar oft sieht, dass nichts weiter als bloss ausserordentliche
Geschicklichkeit (Muskelkraft, Taschenspielerei u. s. f.)
vorlag» *) — Um nun auf Mr. Foster wieder zurückzukommen,
bemerke ich, dass zur Annahme der Hypothese: Taschenspielerei
mich vielleicht weniger die Phänomene an sich, als
das Auftreten des Mr. F. selbst**) und das ganze Milieu
drängten. Man denke: während der Manifestationen spielte
ein kleines Hausorchester Märsche, Choräle und dergleichen
, ganz wie während der Productionen eines Taschenspielers
oder eines Jongleurs, Clowns u. s. f. So sehr
mich das und die ganze gedankenlose Stimmung des
Publicums auch abstiess, war ich doch so vernünftig, mir
zu sagen, dass das Alles nicht an dem Kern der Sache
rühre. Für die zweite Hypothese sprachen: die vielerlei
sichtbaren Hände und Tafelschriften. — Das Spiritual
Meeting in der Hall der „Womans Progressive Union" war
zu Ende, die Stühle wurden von flinken Händen hinweggeräumt
, das Hausorchester intonirte einen Walzer und
bald schwebten die Paare im seligen Reigen dahin! Ich
aber, Haupt und Herz voll Zweifelfragen, verliess mit einigen
deutsch-amerikanischen Freunden das Haus und trat in die
schweigende Nacht hinaus, die sich über der vielthürmigen
„Kirchenstadtu Brooklyn wölbte. —
Gehen wir nun zur „besseren Hälfte44 des Fosier'schen
Ehepaares über: Mrs. Emma Foster. Alter der Dame, um
sehr ungalant zusein, 25—26 Jahre; Neigung zum Embon-
point, hübsches Gesicht, sinnlich aufgeworfene Lippen,
gelber, ungesunder Teint; über das Gesicht geht oft ein
nervöses Zucken. Sie ist „Materialisationsmedium" und ich
*) Auf die Gefahr hin bei meinen amerikanischen Freunden Missfallen
zu erregen, halte ich, der ich tief innerlich von der hohen und wichtigen
Wahrheit des Spiritismus durchdrungen bin, es für meine Pflicht, hier nochmals
energisch zu betonen, dass der amerikanische Spiriti5,mus in seiner
Allgemeinheit (Ausnahmen stets zuzugeben) dieser so nöthigen
Vorsicht durchaus ermangelt; wenigstens war das bei allen Seancen,
die ich mitmachte, der Fall und diese sind ja wohl für die Mehrzahl der
übrigen typische zu nennen.
**) Wie ich oben (im Texte) schon erwähnt habe, will man Mr. Foster
Betrug nachgewiesen haben, und zwar insofern, als ihm die Quelle nachgewiesen
wurdu, wo er farbige Bilder kaufte, die dann von „Geisterhänden"
gemalt aus seinem Kabinet kamen. Von den Tagesschreibern der „gelben
Presse" wurde darob die Lärmtrommel gerührt; was und wie viel daran
wahr ist, weiss ich nicht. In den Seancen, denen ich beiwohnte, kamen
niemals solche Bilder zum Vorschein.
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