http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1900/0689
686 Psychische Studien. XXVII. Jahrg. 11. Heft (November 1900.)
Ausbreitung, Fortpianzung der Wirkungen, die Synthesis
des Raumes mit seinem ganzen Inhalt sehr rasch erfolgt,
aber nicht und nie so rasch, dass sie nicht noch rascher
sein könnte. Entsteht nun in einem gegenwärtigen Zeitpunkt
eine grössere Energieentfaltung der Willenskraft und
wird dadurch eine schnellere Succession, als die höchste in
den vergangenen Zeitpunkten war, bewirkt, so muss ein Theil
der Vergangenheit anschauliche Vorstellung werden. Mutatis
mutandis gilt dasselbe von der Zukunft. Nicht zu vergessen
ist aber, dass etwas Vergangenes oder Z lkünftiges gegenwärtig
nur anschaulich werden kann, indem ein kleinerer
oder grösserer Theil des Gegenwärtigen aufhört, Anschauung
(bewusste Vorstellung) zu sein.
* *
M
Wenn in einem Zeitpunkte die räumliche Ausdehnung
auf Null reduzirt, d. h. räumlich potentiell wird, so muss sie
ideell, zeitlich (subjektiv) effektiv werden, und umgekehrt:
wird sie ideell, zeitlich, subjektiv Null (potentiell), so muss
sie räumlich, in der Gegenwart effektiv werden. Öas Wesen
der Welt ist Gegensätzlichkeit in infinitum. Solche Gegensätze
sind Raum und Zeit; beiden gegenüber muss wieder
etwas stehen und wirken, welches in dem Moment räumlich
positiv wird, wo das andere räumlich negativ wird. Dies
giebt eben eine andere Räumlichkeit und Zeit oder eine
andere Subjektivität und Objektivität, kurz: eine andere
parallele Welt. Weil aber ein absoluter Gegensatz unmöglich
ist, so können zwei Welten oder zwei Subjektivitäten
nie gänzlich getrennt existiren, wie auch zwischen zwei
irdischen Subjekten keine gänzliche Trennung möglich ist.
Viel korrekter ist es aber, zu sagen, dass zwischen zwei
räumlich oder zeitlich getrennten Existenzen eine Verbindung
immer möglich ist, wenn dies auch eventuell mit sehr grossen
Schwierigkeiten verbunden oder auch wegen völliger Zweck-
losigkeit praktisch unausführbar ist.
Ich wiederhole: eine andere Welt ist eine räumliche
Welt in einem vergangenen oder zukünftigen Zeitpunkt,
welche von der unsrigen nur dadurch verschieden ist, dass
sie in uns nur noumenal (minimal räumlich) und nicht
phänomenal vorgestellt wird.
(Fortsetzung tolgt.)
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1900/0689