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694 Psychische Studien. XXVII. Jahrg. 11. Heft. (November 1900.)
gestellt ist, ähnlich wie der Dampf solange aus einer
grösseren Oeffnung strömt, ohne die kleinen zu passiren,
bis erstere verschlossen wird. —
Bekanntlich ist der Einfluss des Hypnotiseurs nicht auf
den inhypnotischen Zeitraum beschränkt, er kann vielmehr
dem H/pnotisirten (intrahypnotisch) auch einen posthypnotischen
Befehl crtheilen, was für sämmtliche überhaupt
mögliche hypnotische Phänomene, seübst das Hellsehen
nicht ausgeschlossen, gilt. Dem aus der Somnambulhypnose
Erwachten fehlt meist — nicht immer! — jede Erinnerung
an das während der Hypnose Geschehene; er glaubt,
fest geschlafen zu haben. Diese Amnesie erstreckt sich
insbesondere auch auf die posthypnotisch zu realisirenden
Aufträge. Zur suggerirten Zeit wandelt den Perzipienten
die Lust an, die ihm als freiaufsteigende Willensidee (Einfall
) erscheinende Handlung auszuführen, die er dann
meistens — abermals nicht immer! — mehr oder weniger
schnell wieder zu vergessen pflegt. Einem zum ersten-,
zweitenmal Hypnotisirten wird man alles Mögliche sugge-
riren können; er wird es, mit dem Verstände eines Kindes,
auszuführen trachten, auch wenn es mit seinen Wachgewohnheiten
noch so sehr im Widerspruch stände. Dagegen
einem schon oft in Somnambul - Hypnose befindlich
Gewesenen, mit einem reichen, hypnotischen
, seine Grundsätze (falls er solche hat)
mit umfassenden Gedächtniss Versehenen wird
man eine diesem letzteren inadäquate verbrecherische
oder unsittliche Willenshandlung
vergeblich suggeriren, weil seine Ueberlegung
(nach du Prel: sein transscendentales Ich) den subjektiven
Erfolg anticipirt, als unangenehm empfindet
, negative Urtheile schafft und dem
zu bildenden Vorsatze die subjektivischen Im-
pulsirungen nicht beistellt. Die suggerirte Willensidee
wird zwar haften, sich auch je nach der objektiven
Gelegenheit noch öfter melden, aber stets wieder verworfen
werden und deshalb nicht zur Ausführung gelangen. —
Beim üeberführen in den Wachzustand tritt
die umgekehrte Reihenfolge der Veränderungen ein:
das hypnotische ßewusstsein erlischt, es tritt mit Bewegungslosigkeit
verbundene Bewusstlosigkeit und Amnesie ein und
erst dann erfolgt die Wiederaufnahme der normalen psychologischen
Thätigkeit. So bilden die gesammten hypnotischen
Erscheinungen einen gleichsam greifbaren Beweis für
die Abhängigkeit wie der physiologischen, so auch der psychologischen
Vorgänge von der psychischen Funktion.
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