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Maier: Die Mediumität und die psychischen Probleme. 705
selbe Verabredung vor, auf die ich mit Freuden einging.
Noch später starb mir eine Person, an der ich besonders
innig hing, gerade in dem Augenblick, wo uns die Unsterblichkeitsfrage
leidenschaftlich erregte, und zwar mit der
überzeugten Versicherung, dass es ihr einziger und ausschliesslicher
Wunsch sei, ihren frühzeitigen Tod zum Nachweis
dieser Wahrheit dienen zu sehen. Und nie, niemals,
trotz meinem unermüdlichen Warten, trotz meinem heissen
Wunsche, trotz meinem feierlichen Gelübde, habe ich
irgend eine Kundgebung erhalten. — Nichts, nichts,
gar nichts! Ich verlor meinen Vater vor einigen Jahren.
Es ist richtig, ich war an seiner Seite und ich hatte
nicht nöthig, von seinem Tode aus der Ferne in Kenntniss
gesetzt zu werden. Aber nachher — auch nichts mehr! —
Ich hatte für meinen Grossvater und für meine Grossmutter
eine ganz unsinnige Verehrung; sie selbst beteten
mich förmlich an und ich liebte sie so sehr, dass es mir
noch immer unmöglich, schlechterdings unmöglich gewesen
ist, das Grab, in dem sie beide ruhen, zu besuchen; lange
bevor ich an den kleinen Dorfkirchhof komme, ersticken
mich die Thränen und machen mich blind; die Beine zittern
mir, so dass ich wieder umkehren muss. Und trotzdem haben
die guten Alten seit ihrem Abschied von dieser Erde dem
wie toll geliebten Enkel niemals auf irgend eine Art eine
Kunde von ihrem Fortleben gegeben! Mein Gehirn ist wohl
nicht fähig, diese Art von Aetherwellen weder aus lebendiger,
noch aus posthumer Quelle aufzunehmen! — Wie gesagt,
nichts, keine Empfindung von diesen Todesfällen ist mir
zugekommen und auch nachher habe ich keine Botschaft
erhalten. Jedoch die Aufgabe des Geschichtsschreibers ist
es, unpersönlich zu bleiben und unsere eigenen Eindrücke
dürfen uns nicht beeinflussen. Immerhin aber die Wahrheit,
die Ehrlichkeit, die Offenherzigkeit vor Allem! — Ein
dritter Einwurf betrifft, wie schon bemerkt, die launenhafte
Sonderbarkeit gewisser Manifestationen. Wenn es eine Fernwirkung
des einen Geistes auf den andern giebt, weshalb
lässt dann diese Thätigkeit solche Illusionen entstehen,
wie Oeffnen oder Schliessen eines Fensters, Heben eines
Bettes, Klopfen in irgend einem Möbel, Rollen einer Kugel
über einen Fussboden, Krachenlassen von Thürangeln u. dgl?
Die Thätigkeit, sollte man doch meinen, würde mehr intellektueller
Art sein: eine geliebte Stimme hören lassen,
das Bild des uns verlassenden Wesens zeigen, kurz im Bereich
der psychischen und moralischen Ordnung bleiben.
Dieser Einwurf ist von weniger Bedeutung als der vorangehende
. Em grosser Theil jener Kundgebungen besteht
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