http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1900/0753
750 Psychische Studien. XXVII. Jahrg. 12. Heft. (Dezember 1900.)
sität auf, so dass deren organische und vasomotorische
Aenderungswirkung deutlich zu Tage tritt.
Bei keinem Wachbewussten sah Verfasser je solch heftige
Gemüthswallungen, wie bei seiner hypnotisirten Inschau
er in. Kann es wohl einen deutlicheren Beweis dafür
geben, dass die Psyche, mit welcher der Hypnotiseur
schaltet und waltet, wie mit einer beliebig anderen physischen
Energie, gleichfalls eine physische Grösse, eine
den anderen physischen Energien mindestens analoge, aber
jedenfalls wirklich die objektiv existente Energie ist?
Aber es giebt in der That noch einen deutlicheren Beweis
dafür: die Erzeugung einer solchen organischen Veränderung
durch hypnotische Suggestion, die sonst nur unter der Bedingung
der Einwirkung mechanischer oder physischchemischer
Energiekundgebungen erfolgt, nämlich
die suggestive Hervorrufung circumscripter Veränderungen
auf der äusseren Haut. Schon der Umstand, dass diese
an geistig und körperlich gesunden Personen durch Wachsuggestion
höchstens dann gelingt, wenn sich dieselben in
Folge schon öfterer Hypnotisirung eine Automatisirung der
hypnogenen Vorgänge erworben haben, spricht dafür, dass
zur Hervorrufung einer Stigmatisation oder der Verbrennung
einer bezeichneten Hautstelle ein abnormal intensiver
centrifugaler Neurocymenstrom erforderlich ist.
Selbstverständlich dürfen bei einer Suggestion nicht zugleich
auch Gegen Suggestionen geschaffen werden, weil sonst die
beabsichtigte Wirkung nicht eintreten kann. Ganz und gar
ungerechtfertigt erscheint es, wenn v. Schrenck-Notzing, welcher
den Experimenten von Hacü-Tucke, Forel^ Moll, Bentheim,
Krafft* Ebing, Parisch, Flach, sowie des durch sein mannhaftes
Auftreten gegen die Lex Heinze jüngst populär gewordenen
Münchener Psychologen Prof. Dr. Lipps u. A.
Einwendungen der nicht ausgeschlossenen Möglichkeit mechanischer
Einwirkungen entgegensetzt in Fällen, wo das Experiment
gelang, dieses Gelingen einer von der Versuchsperson
beabsichtigten und ausgeführten Täuschung zuschreibt
und überhaupt die Behauptung suggestiv erzeugter Vesication
in das Gebiet der Uebertreibung verweist. Verfasser weist
nach, dass beim Misslingen der Stigmatisationsexperimente
nicht die hypnotisirte Person, sondern die fehlerhafte Methode
der Hypnotiseure die Schuld trug. Was sind aber die an
der äusseren flaut, an dem äussersten somatischen Wirkungskreise
der centrifugalen Neurocymen durch hypnotische
Suggestion hervorrufbaren Veränderungen im Vergleich
zu jenen gewaltigen organischen Wirkungserfolgen, die in
Folge gutgeleiteter Suggestion sich innerhalb des Organis-
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1900/0753