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Sellin: Ein Kampf um Schatten.
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die Kämpfer selbst etwas dabei, sehen sich ihre Damen
etwas genauer an und reichen sich beruhigt die Hände, um
fortan zusammen zu arbeiten.
Von der Xenologie habe ich nicht viel mehr zu sagen,
als dass sie ihren Namen zu Unrecht trägt, wenn damit
die Wissenschaft von den noch weniger bekannten Eigenschaften
des Seelenlebens gemeint sein soll. Und wenn auch
der Verleger eines Konversationslexikons auf diesen Namen
ein wenig hineingefallen ist, glaube ich doch kaum, dass
dies Gebilde mehr als eine Eintagsfliege ist, von der man
bald nur noch als von einer Kuriosität reden wird. Denn
thatsächlich ist das Wort ja schon ziemlich alt, hat aber
im Griechischen einen Sinn, der in die „Grenzwissenschaft",
von der man lange vor ür. Maack gesprochen hat, gar nicht
hinein gehört. Der Ausdruck hat (wenn ich nicht irre, bei
Thukydides) den Sinn des „Anwerbens von Miethssoldaten",
und ist mit dem griechischen Verbum Xiyuv in der Bedeutung
„sammeln" gebildet,*) Wir könnten also die „Xenologie"
füglich mit „Fremdenlegion" ersetzen. Und in diesem Sinne
will ich Herrn Dr. M. nur wünschen, dass seine Werbetrommel
nicht eine Schaar heranzieht, wie wir sie so köstlich
von Shakespeares Feder in Heinrich IV., 2. Theil, (3. Akt,
2. Scene) gezeichnet finden. Tch muss freilich offen gestehen,
dass ich zu der Erfüllung meines Wunsches recht wenig
Zuversicht habe, namentlich seit ich erfahren habe, dass
bereits frühere Theosophen von der Blavatzky-Sorte sich in
die Werbeliste haben eintragen lassen. Die Art ist aber
durchschnittlich intellektuell und sittlich so kreuz- und lendenlahm
, dass die guten Gevatter Schimmelig, Warze u. s, w.
bis zum Bullenkalb im Vergleich mit ihnen Helden und
Bramarbasse sein dürften. Mit diesen Leuten „Wissenschaft"
zu machen, wie doch Herr Dr. M. will, könnte nur zum
grössten Fiasko, zum Kinderspott führen. Das wünsche ich
Herrn Dr. M. um so weniger, als ich seine rührige Kraft
im Interesse der wirklichen Probleme und praktischen Aufgaben
auf okkultistischem Gebiete, nicht aber auf werthlose
Lukubrationen über „magische Quadrate" und auf verfrühte
Spekulationen ohne genügende empirische Grundlage verwandt
sehen möchte. Ich habe bisher — Herr Dr. M. möge mir
das nicht verübeln - von einer ausreichenden Kenntniss
des Thatsachenmaterials recht wenig in seinen Arbeiten
wahr genommen. Aus diesem Grunde habe ich auch seiner
Zeit eine nach meinem Dafürhalten zwecklose Beantwortung
*) Auch im Lateinischen hat das entsprechende Zeitwort „legere"
bekanntlich dieselbe Grundbedeutung des „(Zusammen)lesensu. — Red.
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