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Sellin: Ein Kampf um Schatten.
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ich behaupte, dass in mancher Beziehung die Cagliostro-hogen
sich vortheilhaft von der Theosophischen Gesellschaft unterscheiden
. Cagtiostro hatte, wenn auch ein Erzschwindler, doch
etwas mehr Geist und Witz als Madame Blavatzky, die es
sonst ja liebte, sich mit dem Grafen St. Germain und Cagliostro
zu vergleichen. Der letztere verstand es besser, seine Genasführten
am Seil zu behalten, es sei denn dass einmal eine
edlere Persönlichkeit ins Netz ging, welche, wie die Freiherrin
Elisa v. d. Recke, den Muth hatte, nachdem die Schuppen,
ihr von den Augen gefallen waren, ihren Irrthum offen
einzugestehen, um andere Menschen davor zu bewahren.
Bei Madame Blavatzky ist nun zwar seit Jahren durch
Veröffentlichung der Coulombbriefe, der Hodgson'sehen Arbeiten
für die S. P. R. und des mit dem reichsten Akten-
material versehenen Buchs „Eine Isispriesterin" von Vsevoloä
Solovyoffxx. A. dasselbe geschehen, ohne dass man ernsthaft
in theosophischen Kreisen davon Notiz genommen hätte.
Man verehrt am Lotustag an der Urne der „Gründerin" ruhig
deren Andenken weiter; die auf beiden Augen blinde Annie
Besant singt noch ihr Lob bei jeder Gelegenheit (vergl. ihre
letzte Rede in Rom), und in Deutschland hat man ihre „Enthüllte
Isis" nicht nur veröffentlicht, sondern mit allen Mitteln
der Reklame in Kurs zu setzen gesucht ; Frau Besanfs zum
Theil geradezu lächerliche Publikationen werden in gleicher
Weise in Kurs gesetzt, mit einem Wort, man wurstelt in
nahezu stumpfsinniger Weise weiter und nennt das „Theo-
sophiea.
Herr Dr. Strebet bedient sich nun durchweg der Bezeichnung
„die Theosophie"; er philosophirt über eine
„Lehre" derTheosophie, welche gar nicht vorhanden
ist und die er nur dadurch herausphantasiren kann, dass
er ernste Vertreter der Wissenschaft und Philosophie, wie
Beussen und Schopenhauer, an den Wagen der Isispriesterin
spannt, obschon er in seiner ganzen „Lanze" vou der Isispriesterin
selbst nicht ein Wort anführen kann, das zu
dieser „Lehre" gehört, von welcher freilich jeder Kenner
weiss, dass die in den beiden eben so riesigen, wie abgeschmackten
und unsinnigen Plagiatgeweben „Enthüllte Isis"
und „Geheimlebre" enthaltene Lehre von Hunderten von
Narrheiten und Widersprüchen, von Ignoranz und handgreiflicher
Dummheit fast auf jeder Seite wimmelt.
Ich würde da vor einem unlösbaren Räthsel stehen,
wenn ich nicht aus eigenster Erfahrung wüsste, mit welcher
Geflissentlichkeit und Spekulation auf die Denkfaulheit der
meisten Menschen, voran der sogenannten Theosophen, man
darauf bedacht gewesen ist, den wirklichen Thatbestand nach
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