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Sellin: Ein Kampf um Schatten.
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nachdem dieser Bau jämmerlich verkracht ist, nachdem selbst
der Präsident des amerikanischen Zweiges zu bewussten
Fälschungen gegriffen, um wenigstens die durch ihr Redetalent
so brauchbare Frau Besant bei der Fahne zu behalten,
nachdem dann auch dieser entlarvt, und die arme Frau
Besant in der ganzen Blosse ihrer voreiligen Kritiklosigkeit
hingestellt war, sucht man jetzt mit den ebenso schwindelhaften
Beschreibungen der Astral-Mental-Ebenen, durch die
wunderlichen Phantasiestücke der Frau Besant über die
Siebentheilung des menschlichen Wesens, über transscendente
Chemie, über uralte Weisheit, die freilich erst von gestern
stammt, und durch andere Produkte der Arbeitsscheu Gimpel
zu fangen, denen man weissgemacht hat, dass sie ohne eigenes
Denken die hohe Mahatma- und Hellseher-Weisheit ihrem
dürftigen Geistesbesitz einverleiben können, wenn — sie
ihnen nur halbwegs plausibel erscheint. Die Armen, die
nicht wissen, dass frischbackenes Brot (und noch dazu ungekaut
in den Magen geschoben) diesen nur ruiniren kann! Ich bin
oft entsetzt gewesen, wenn ich sah, wie diese Auch-Adepten
mit den Augen zo riechen, mit den Ohren zu schmecken,
kurz den ganzen Erkenntnissapparat auf den Kopf zu stellen
suchten, um ihren Wissensbesitz zu mehren. Ja selbst bei
historisch anscheinend gebildeten Leuten, wie Herrn Mead,
muss man das erstaunliche Faktum erleben, dass der Mann
an der Zurückstellung des geschichtlichen Jesus in die Zeit
des Alexander Jannaeus kaum zu rütteln wagt. Weshalb?
weil Frau H. P. B. schon in ihrer Isis diese aus den bekannten
Toledot Jeshu entnommene Angabe zwanzig Mal behauptet,
und der soi-disant „Mahatma" Koot Hoomi in einer Note
zu den posthumen Schriften des hirnverbrannten JBxjesuiten
Eliphas Levi es bestätigt hat. Dass Koot-Hoomi aber mit
IL P. B. identisch ist, darüber kann kein verständiger Mensch
im Zweifel sein, —
Sapienti sat! So sieht in Wirklichkeit die Theosophie
aus, welcher Dr. Strebet in gutem Glauben das Wort redet,
ohne zu ahnen, wie es scheint, welcher intellektuellen und
sittlichen Verwirrung er damit die Wege ebnet. Seiner
eigenen indischen Philosophie mag er Gehör zu \ erschaffen
suchen, obschon ich persönlich von der Richtigkeit derselben
nicht überzeugt bin. Aber wenn er die „für laienhafte Neugierde
nach dem Geheimnissvollen berechneten44 Schwindeleien
und Phantastereien als „nebensächlich44 und unschuldig ansieht
, möchte ich mir doch erlauben, allen Ernstes zu
protestiren, und wie ich überzeugt bin, thun es Hunderte
mit mir. Ich sollte denken, damit könnte der Kampf um
solche Schatten, wie es Theosophie und Xenologie wirklich
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