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Maier; Naturwissenschaftliche Seelenforsehung. 35
Die Physik des Westens sagt: alles ist ohne Ausnahme
den gleichen Gesetzen unterworfen; sie behauptet also die
wesentliche Gleichartigkeit und Einheit alles Existirenden.
Die Metaphysik des Ostens sagt: „Tat twam asi." Und
beide sagen eins und dasselbe.
Ich aber will zum Schluss noch sagen, dass, wenn es
wahr ist: „qui bene distinguit, bene docet", — es noch
wahrer ist: „qui bene com parat, bene docet."
Budapest, 1900 im Juni. p^ Kossuth jun.
Naturwissenschaftliche Seelenforschung.
Bericht über Rud. Müllems Hypnotisches Hellseh-Experiment.
Vom Redakteur Dr. Fr. JTIaier.
(Fortsetzung von Seite 75X des Dez.-Heft vor. J.)
In den schon erwähnten Verwandlungs-Experimenten
Krafft-Ebtntfs, welche seinerzeit durch die an sie
geknüpften Kontroversen berechtigtes Aufsehen erregten,
erblicken die meisten flypnotisten im Gegensatz zu Kr äfft-
Ebing keine Reproduktion früherer Ich - Persönlichkeiten,
sondern gewöhnliche hypnotische Halluzinationen {Bernheim),
Erinnerungstäuschungen (Ford), Objektivationen des Typus
(Richet), Illusionen (Grossmann) u. dgl. F. Köhler gelangt aber
durch seine Nachprüfung an dem 22jähr. Arthur Rieck zu
der Ansicht, dass thatsächlich Verwandlung der Persönlichkeit
und nicht bloss suggestive Zutheilung einer Typus-Bolle
vorliege; nur sei diese Reproduktion niemals eine vollständige.
Verf. glaubt mit seinem obengeschilderten, an Frauen,
welche Mutter gewesen sind, leicht nachzuprüfenden Experimente
diesen Streit endgiltigzu Gunsten der v. Krafft-
Ebing'schen Auffasssung entschieden zu haben.
Einen noch höheren Grad der Veränderung der Funk-
tionirung des Bewusstseinsmechanismus stellt das hypnotische
Hellsehen dar. Während der Hellsehfunktion
scheint die Innervation der motorischen Centren nur zum
geringen Theil möglich zu sein; denn die Inschauerin bewegte
auf hypnotischen Auftrag zwar langsam die eine
oder andere Hand, der übrige Körper aber blieb dafür um
so unbeweglicher; auch die Innervation der Sprachmuskulatur
ist offenbar mit Anstrengung verbunden. Wird die Aufnahme
einer Funktion der Aussensinnapparate (einschliesslich
der Augen) befohlen, ohne dass die Hellsehfunktion
eingestellt wurde, so geräth die Hellseherin sofort in ängstliche
Unruhe, weil es ihr unmöglich ist, dem Auftrag Folge
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