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Maier: Naturwissenschaftliche Seelenforsehung.
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Verf., der mit ihr dabei in hochgradigem hypnotischen
Rapport steht, befand sich gewöhnlich in ihrer unmittelbaren
Nähe, entweder direkt vor ihr, oder neben ihr, manchmal
auch hinter ihr. Als er einmal zufällig einige Schritte von
ihr wegtrat, wurde ihre Sprache langsamer; als er noch
weiter zurücktrat, hörte sie ganz auf, auch die Hand blieb
unbeweglich; auf seinen Befehl, weiterzusprechen, kamen
langsam und mit offenbarer Mühe ein paar Worte silbenweise
über ihre Lippen, dann schwieg sie abermals. Sowie
ich ihr wieder näher kam, kehrte auch die Sprachfähigkeit
wieder; nur die Hand blieb kataleptisch, bis deren Beweglichkeit
neuerdings angeordnet wurde. Sie selbst äusserte:
„Wenn du dich entfernst, kann ich mich nicht bewegen,
es fehlt mir deine Kraft"; und ein andermal meinte sie, es
werde noch lange dauern, bis man die zwischen ihnen
beiden herrschende „Zusammengehörigkeit" in ihrem Wesen
erkannt habe. — Sehr wahrscheinlich stellt der zwischen
Hypnotiseur und Hypnotisirtem bestehende Rapport ein
zwischen den beiderseitigen psychischen Energieen eingetretenes
Polaritätsverhältniss dar, über welches alles Nähere
zu erforschen noch übrig bleibt. Inzwischen müssen wir
uns gedulden, bis es uns gelingt, von dieser Stelle des
okkulten Gebietes aus die JFackel der wissenschaftlichen
Aufklärung noch weiter vorwärts zu tragen. Jedenfalls gelangen
unbekannte, okkulte Energiearten im hypnotischen
Hellsehen zur Wirkung, bezw. Bewusstwerdung* von denen
unser normales Bewusstsein unberührt bleibt. Liefert diese
nun sicher konstatirte Thatsache den Beweis, dass es auch
noch andere, unserem gewöhnlichen Wachbewusstsein noch
mehr unähnliche Bewusstwerdungen geben kann, hervorgehend
zwar aus der nämlichen psychischen Punktion als der subjektiven
Ursache, jedoch aus uns völlig unbekannten
objektiven Funktionen unter der Bedingung ihrer beiderseitigen
Vereinigung und Zusammenwirkung, so wirft sie damit
auch ein Licht auf die sogenannten nie diu mistischen
und namentlich auf jene besondere Reihe von Erscheinungen,
die unter den Begriff der Telepathie zusammengefasst zu
werden pflegen. Verf. betont, wie unrecht daher diejenigen
handeln, welche diese Phänomene einfach leugnen oder gar
als lächerliche Thorheiten hinstellen, trotzdem schon eine
übergrosse Anzahl der glaubwürdigsten Personen sie bezeugen
.*) Genau ebenso weigerten sich bekanntlich die Ver-
*) Für das in unserem Juniheft vor. J. besprochene Buch des Astronomen
tlammarion allein gingen «nach einer von Letzterem an unseren Mitstreiter
Herrn Revel gelangten brieflichen Mittheilung) nahezu 4000 Briefe glaubwürdiger
Personen mit Berichten über Fälle telepathischer Anmeldungen
Sterbender, bezw. angeblicher GeistererscLeinungen ein. — Red.
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