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38 Psychische Studien* XXVIII. Jahr*?. 1. Heft. (Januar 1901.)
treter der Schulwissenscbaft bis vor wenigen Jahrzehnten,
den hypnotischen Erscheinungen näher zu treten. Ihr Ver-
such, den Hypnotismus, der ihnen jetzt allein schon über-
grosse und ungelegene Sorgen macht, mit dem als Rettungsanker
für ihre „Psychologie ohne Psyche" ausgeworfenen
Wort „Suggestion" abzuthuTi, nr uss als endgültig gescheitert
angesehen werden, so dass uns ihr skeptisch ablehnendes
Verhalten gegenüber jenen noch weiter von der mechanistischen
Weltauffassung abführenden okkulten Erscheinungen
keineswegs Wunder nehmen darf. Wie anders dagegen die
vom Verf. nunmehr begründete naturwissenschaftliche Psychologie
! Sie erklärt ohne Zuhülfenahme des unerforschbaren
Transscendenten oder gar der Mystik, überhaupt ohne jede
philosophische Spekulation lediglich auf Grund der nach der
objektiven Methode unternommenen Forschung im Sinne
der exakten Naturwissenschaft nicht nur die Entsteh ung
und den Verlauf der normalen Bewusstseinserscheinungen,
sondern auch der hypnotischen, und weist damit den Weg
zur nüchternen, sachlichen, wissenschaftlichen Aufklärung
auch der telepathischen und mediumistischen Erscheinungen.
In wieweit sie aber auch den Geisteswissenschaften
von Nutzen sein kann, zeigt Verf. im letzten Abschnitt seines
Werkes (Kapitel XXXI) unter der üeberschrift: Zweck.
Natürliche Ethik. Schlues.
Nichts ist bekanntlich mehr geeignet, den Unwillen der
orthodoxen Naturforscher und Psychologen zu erregen, als
die naive Frage nach dem Zweck des Menschen
und derWelt überhaupt. Die Antwort, wenn eine solche
ertheilt wird, lautet meist dahin, die Natur arbeite nicht
nach Zwecken; denn eine solche Thätigkeit würde eine be-
wusste Absicht, eine Willensidee voraussetzen, also der
Natur selbst eine persönliche, analog der animalen, bezw.
menschlichen Kreatur gebildete Existenz zumuthen, mit besonderen
, zweckentsprechenden Organen etc.; was doch höchst
ungereimt sei. Die Frage nach dem: Wozu? ist daher in
der „exakten" Naturwissenschaft überhaupt nicht gestattet.
Für den Verf. hat das Wort Zweck nicht etwa die
Bedeutung einer Endursache oder transscendenten Absicht;
er versteht darunter vielmehr den thatsäcblichen
Willenserfolg, den „nexun effectivus" unserer Wirklichkeiten
, bezw. der von uns auffindbaren und in ihrer Gesetzmässigkeit
und Zusammengehörigkeit nachweisbaren
Funktions- und Energiefaktoren. Je weiter wir in der Aufhellung
des komplizirten Lebens- und Bewusstseinsmechanismus
vorwärts schritten, fanden wir stets, dass dessen einzelne
Theile irgend einem auffindbaren Zweck
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